Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sittenwidrigkeit. Eigenkündigung. Affekt. Rückdatierung
Leitsatz (amtlich)
Die Rückdatierung einer fristlosen Eigenkündigung führt nicht dazu, daß der kündigende Arbeitnehmer sich auf seine eigene Sittenwidrigkeit berufen kann und hieraus die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisse folgt. Der fristlos kündigende Arbeitnehmer kann die Unwirksamkeit seiner Erklärung nicht damit begründen, es habe kein wichtiger Grund vorgelegen, denn die Einhaltung der Fristen dient ausschließlich dem Erklärungsempfänger nicht aber dem Schutz des Erklärenden.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1, § 105 Abs. 2, § 138
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 21.01.1998; Aktenzeichen 10 Ca 7634/97) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.01.1998 – 10 Ca 7634/97 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit mehrerer vom Kläger am 18.08.1997 erklärten mündlichen und schriftlichen fristlosen Eigenkündigungen.
Der im Jahr 1958 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 02.05.1983 als Kfz-Mechaniker zu einem Bruttoverdienst von zuletzt 4.000,– DM beschäftigt. Der Kläger ist verheiratet und hat vier Kinder.
Am 17.08.1997 kehrte der Kläger verspätet aus seinem Jahresurlaub in Marokko zurück. Er hatte seinen Urlaub unstreitig um zumindest eine Woche überschritten. Als er am Montag, den 18.08.1997 die Arbeit antrat, wurde er zu einem Gespräch mit dem Betriebsleiter, seinem Vorgesetzten dem Zeugen Mohr gebeten. Im Zuge des Gesprächs wurden dem Kläger Vorhaltungen wegen seiner verspäteten Urlaubsrückkehr gemacht und ihm eine Abmahnung angekündigt. Im Rahmen dieses Gesprächs äußerte der Kläger zunächst gegenüber dem Zeugen Mohr, daß er kündige. Der Zeuge Mohr und der Kläger begaben sich daraufhin auf Wunsch des Zeugen zur Personalabteilung. Gegenüber dem zuständigen Verwaltungschef dem Zeugen Efting wiederholte der Kläger, daß er per sofort kündige. Der Kläger war sich dabei bewußt, daß er diese Erklärung abgab. Im Anschluß hieran wurde die Kündigung schriftlich fixiert. Das Schriftstück wurde von der Beklagten gefertigt und vom Kläger unterzeichnet. Es enthält als Ausstellungsdatum den 14.07.1997, ist also rückdatiert, und als Beendigungsdatum den 11.08.1997, wobei die Beklagte einräumt, daß es sich hierbei um einen Schreibfehler handelt und der 18.08.1997 das Beendigungsdatum auch für die schriftliche Kündigungserklärung darstellen sollte. Zwischen den Parteien ist streitig geblieben, ob der Wunsch auf Rückdatierung vom Kläger ausging oder auf einem Vorschlag der Beklagten beruhte.
Tatsächlich bezog der Kläger ab 01.09.1997 Arbeitslosengeld.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, seine Willenserklärung sei nach § 105 Abs. 2 BGB unwirksam. Er sei durch den Zeugen Mohr provoziert worden; das Gespräch habe sich auf einer emotionalen Ebene abgespielt. Immer wieder sei ihm vertragswidriges Verhalten vorgeworfen worden. Als seitens des Zeugen das Wort Abmahnung gefallen sei, habe er einen „Blackout” gehabt. Ihm sei in diesem Moment alles egal gewesen. Nach der Unterzeichnung der Kündigung sei der Kläger zu seinem Bruder, der ebenfalls Mitarbeiter der Beklagten ist, gegangen. Dieser habe ihn ca. 15 Minuten lang beruhigt. Danach sei der Kläger zurückgegangen, um seine Arbeitskraft anzubieten. Er sei dann mit der Bemerkung, man spreche sich morgen wieder, nach Hause geschickt worden. Mit Schriftsatz vom 17.12.1997 legte der Kläger die Zweitschrift eines ärztlichen Attestes vom 22.08.1997 vor, welches auf einer Untersuchung vom 22.08.1997 fußt. In diesem Attest stellt der behandelnde Arzt des Klägers fest, daß die Kündigung eine Affekthandlung im Rahmen einer akuten Konfliktreaktion gewesen sei. Es habe allerdings keine Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit oder Zurechnungsfähigkeit oder gar Arbeitsunfähigkeit vorgelegen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch die Eigenkündigung des Klägers vom 18.08.1997 rückwirkend zum 11.08.1997 mit Datum 14.07.1997 beendet worden ist, sondern zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages, der vor rund 15 Jahren geschlossen wurde, unverändert fortbesteht,
hilfsweise
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger spätestens zum 19.11.1997 zu den Bedingungen des vor rund 15 Jahren geschlossenen Arbeitsvertrages weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger sei bei Abgabe der mündlichen und schriftlichen Kündigungserklärung in seiner Geistestätigkeit unbeeinträchtigt gewesen. Es habe keinerlei Drohung oder ähnliche Einflußnahme des Arbeitgebers vorgelegen. Vielmehr habe der Kläger bereits zuvor bei einem im Urlaub geführten Telefonat geäußert, kein Interesse am Arbeitsplatz zu haben. Eine konkrete Wiedereinstellungszusage bestreitet die Beklagte. Diese Frage sei erst am 01.10.1997 im Laufe des Prozesses durch den Beklagtenprozeßbevollmächtigten angesprochen worden. Der Kläger habe eine An...