Entscheidungsstichwort (Thema)
Beriebsübergang. Jahressonderzahlung. Gruppenbildung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelungen einer teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung über freiwillige Leistungen nach Ablauf der Kündigungsfrist gelten nicht weiter, wenn der Arbeitgeber mit der Kündigung beabsichtigt, die freiwillige Leistung vollständig entfallen zu lassen.
2. Der Arbeitgeber ist bei freiwilligen Leistungen nicht nur frei in seiner Entscheidung darüber, ob und in welcher Höhe er zu welchem Zweck Mittel zur Verfügung stellt, sondern auch in der Abgrenzung des begünstigten Personenkreises.
Normenkette
BetrVG § 77 Abs. 6; BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 12.03.2002; Aktenzeichen 17 Ca 3319/00) |
Tenor
1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.03.2002 – 17 Ca 3319/00 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.
3) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Jahressonderzahlung.
Der Kläger war auf Grund Arbeitsvertrages vom 05./11.09.1978 ab 01.08.1978 beim TR beschäftigt. Mit Wirkung zum 01.11.1993 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte zu 2) gemäß § 613 a Abs. 1 BGB über.
Unter dem 13.11.1999 kam im Zuge eines Einigungsstellenverfahrens eine „Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung” zustande, die für „die Beschäftigten der T R S und U GmbH, die durch Betriebsübergang zum 01.01.1993 vom T R e. V. auf die T R S und U GmbH übergegangen sind und diesen Mitarbeitern gleichgestellt” galt. Danach wurde ab 1997 eine Sonderzahlung in Höhe von 75 % einer näher definierten Monatsvergütung gewährt.
Mit Schreiben vom 25.06.1999 kündigte die Beklagte zu 2) die Betriebsvereinbarung zum 30.09.1999 und lehnte im Hinblick, darauf die Gewährung der Leistung für 1999 ab.
Neben den vom T übernommenen ca. 260 Arbeitnehmern (sog. LBO-Mitarbeiter) waren bei der Beklagten zu 2) weitere ca. 115 Arbeitnehmer (sog. BO-Mitarbeiter) beschäftigt, die nach einer eigenen Betriebsordnung vergütet wurden. Dazu gehörte die Gewährung einer Jahressonderzahlung in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes. Diese wurde auch für 1999 gezahlt.
Der bei der Beklagten zu 2) gebildete Betriebsrat forderte diese nach Kündigung der Betriebsvereinbarung auf, Verhandlungen über eine Jahressonderzahlung im Unternehmen aufzunehmen, was die Arbeitgeberin ablehnte. Sie strengte ein Beschlussverfahren an, in dem sie die Feststellung begehrte, dass die Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung vom 13.11.1996 mit Ablauf des 30.09.1999 nicht nachwirke sowie dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates für eine Verteilung finanzieller Mittel für eine Jahressonderzahlung auf die gemäß Ziffer 1 der Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 Begünstigten nicht bestehe. Durch Beschluss vom 20.04.1999 – 15 BV 146/99 – wies das Arbeitsgericht diese Anträge zurück.
Dieses Verfahren endete durch Beschluss des BAG vom 14.08.2000: Das Beschlussverfahren wurde eingestellt und festgestellt, dass die in diesem Beschlussverfahren ergangenen Beschlüsse der Vorinstanzen wirkungslos seien. Der Betrieb der Beklagten zu 2) war zwischenzeitlich eingestellt worden, ein Betriebsrat bestand nicht mehr.
Der Betrieb der Beklagten zu 2) war am 18.11.1999 auf die Beklagte zu 1) übergegangen, damit auch das Arbeitsverhältnis des Klägers.
Der Kläger nimmt die Beklagten – die Beklagte zu 2) anteilig für die Zeit bis 18.11.1999 – auf Gewährung der Jahressonderzahlung für 1999 in Höhe von 6.776,00 DM brutto in Anspruch. Der Kläger trägt dazu vor: Die Betriebsvereinbarung vom 13.11.1999 wirke nach. Dies folge daraus, dass die
Beklagte zu 2) die Gewährung der Jahressonderzahlung in ihrem Betrieb nicht vollständig habe entfallen lassen, sondern insoweit zwischen LBO-Mitarbeitern und BO-Mitarbeitern unterschieden habe. Die Beklagte zu 2) habe somit lediglich das zur Verfügung gestellte Volumen reduziert und den Verteilungsschlüssel geändert. Infolge dessen sei die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 30.06.1999 als eine Angelegenheit der sog. erzwingbaren Mitbestimmung anzusehen, die gemäß § 77 Abs. 6 BetrVG bis zur Ersetzung durch eine andere Vereinbarung nachwirke.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte als Gesamtschuldner zur Zahlung von 5.977,73 DM nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 1. Dezember 1999 zu verurteilen,
darüber hinaus die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 798,27 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 20. November 1999.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, die Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 wirke nicht nach, so dass die Rechtsgrundlage für die vom Kläger verlangte Sonderzahlung weggefallen sei.
Durch Urteil vom 12.03.2002 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Nach Kündigung der Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 wirke diese nach, weil der Jahressonderzahlung für die LBO-Mitarbeiter und die BO-Mitarbeit...