Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiwillige Betriebsvereinbarung. Nachwirkung. Gleichbehandlungsgrundsatz
Leitsatz (redaktionell)
Freiwillige Betriebsvereinbarungen wirken nach erfolgter Kündigung nicht nach. Das gilt grundsätzlich auch für teilmitbestimmte Betriebsvereinbarungen über freiwillige Leistungen, bei denen der Betriebsrat nur hinsichtlich des Leistungsplans mitzubestimmen hat.
Normenkette
BetrVG § 77
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 28.06.2001; Aktenzeichen 2 Ca 12309/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 28.06.2001 – 2 Ca 12309/01 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Jahressonderzahlung für das Jahr 1999 in Höhe von 75 % eines Monatsgehaltes, dass die Klägerin aus Nr. 2 der Betriebsvereinbarung vom 13.11.1996 herleitet.
Die Klägerin war auf der Grundlage eines Anstellungsvertrages vom 23.9./27.09.1988 zunächst beim T R e. als Diplomphysikerin beschäftigt. Darin war eine Bruttovergütung nach der Gehaltsgruppe LBO A 12 vereinbart.
Mit Wirkung vom 01.01.1993 übernahm die Beklagte zu 2) Teile des Betriebes des T Re. Im Zuge dieser Übernahme ging das Arbeitsverhältnis gemäß § 613a BGB auf die Beklagte zu 2) über.
Im Bereich des T R e. galt bei Betriebsübergang eine Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 über die Zahlung von „Weihnachtsgeld”. Außerdem gab es für die von der Beklagten zu 2) übernommenen ehemaligen Mitarbeiter des T R e. weitere kollektive betriebliche Regelungen, in denen u.a. eine betriebliche Altersversorgung und die Anwendung der Landesbesoldungsordnung N-W (LBO) auf diese Mitarbeiter vorgesehen war. Diese Mitarbeiter, zu denen die Klägerin zählt, werden im Bereich der Beklagten „LBO” – Mitarbeiter genannt.
Ein anderes Vergütungssystem stellt die Gehaltsordnung der sog. „BO-Mitarbeiter”, (BO = Betriebsordnung) dar, die nicht im Wege des Betriebsübergangs übernommen worden sind, sondern unmittelbar von der Beklagten eingestellt wurden. Für diese Mitarbeiter gibt es neben einem anders als für die LBO-Mitarbeiter geregelten Vergütungssystem auch keinen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung.
Am 13.11.1996 wurde die Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 in Form des Spruches einer Einigungsstelle durch die Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung abgelöst. Danach sollte die Jahressonderzahlung für das Jahr 1996 100 % und ab 1997 nur noch 75 % der Gehaltsbestandsteile nach näherer Maßgabe der Betriebsvereinbarung betragen. Die Auszahlung erfolgte am 20.11. des Auszahlungsjahres für Arbeitnehmer, die in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen. Im Eintrittsjahr und für die in Ruhestand tretenden Beschäftigten im Austrittsjahr wurde nach der Betriebsvereinbarung anteilig gezahlt.
In einem beim Arbeitsgericht Köln eingeleiteten Beschlussverfahren machte der bei der Beklagten zu 2) bestehende Betriebsrat mit Feststellungsantrag die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung vom 13.11.1996 und die Unwirksamkeit einer mit gleichem Datum aufgrund eines Einigungsstellenspruches ergangenen Betriebsvereinbarung Vergütung 1996/1 geltend.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats im Hinblick auf die Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung lediglich zur Nr. 2.2. stattgegeben und im Übrigen den Antrag abgewiesen (Arbeitsgericht Köln vom 26.08.1997 – 12 BV 237/96 –). Nachdem gegen diesen Beschluss nur die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt hatte, hat das Landesarbeitsgericht im Bezug auf die Betriebsvereinbarung „Jahressonderzahlung” den Antrag des Betriebsrates insgesamt abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat sodann auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats durch Beschluss vom 20.07.1999 – 1 ABR 66/98 – den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27.07.1998 – 3 TaBV 100/97 – aufgehoben und insoweit die Entscheidung des Arbeitsgerichts wieder hergestellt.
Mit Schreiben vom 25.06.1999 kündigte die Beklagte zu 2) die Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung zum 30.09.1999.
Der Betriebsrat forderte daraufhin die Arbeitgeberin unter Bezugnahme auf die Kündigung auf, unverzüglich in Verhandlungen über die Verteilung der Jahressonderzahlung im Unternehmen einzutreten.
Die neben den „LBO-Mitarbeitern” beschäftigten „BO-Mitarbeiter” erhalten weiterhin eine Jahressonderzahlung aufgrund der einseitig von der Beklagten aufgestellten „Gehaltsordnung”, welche am 01.09.1992 in Kraft getreten ist. Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Gehaltsordnung bestand bei der Beklagten zu 2) kein Betriebsrat. Die BO-Mitarbeiter erhielten für 1999 ein Monatsbruttogehalt als Jahressonderzahlung.
Im Hinblick auf die nach der Kündigung vom Betriebsrat vertretene Auffassung, die Betriebsvereinbarung wirke über den 30.06.1999 nach, leitete die Beklagte zu 2) ein Beschlussverfahren ein, in dem sie beantragte, festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung über den 30.09.1999 nicht nachwirke. Der Antrag wurde in erster Instan...