Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdachtskündigung. Diebstahl. Kundendienstmonteur
Leitsatz (amtlich)
1. Lässt sich ein Kundendienstmonteur dahin ein, er habe die von ihm über das Internetauktionshaus eBay verkauften Telekommunikationsartikel der gleichen Art, wie er sie bei seiner dienstlichen Tätigkeit zu verwenden hat, von unbekannten Personen auf Flohmärkten erworben und in öffentlichen Müllbehältern gefunden, so handelt es sich um eine in solchen Fällen typische Schutzbehauptung.
2. Das Anpreisen der angebotenen Telekommunikationsartikel als „neu” und „originalverpackt”, das Einstellen der Artikel mit sehr niedrigen Startpreisen, die fehlende Vorlage von Verkaufsbelegen sowie das Erzielen einer sehr hohen Anzahl von positiven Urteilen in der Bewertungsplattform des Internetauktionshauses eBay als Indizien für einen dringenden Diebstahlsverdacht.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 07.06.2006; Aktenzeichen 9 Ca 5993/05) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Juni 2006 – 9 Ca 5993/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch fristlose Kündigung der Beklagten vom 24. Juni 2005 beendet worden ist und ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger bereits während der Dauer des Kündigungsrechtsstreits weiterzubeschäftigen.
Der Kläger, geboren am 12. Mai 1960, ist bzw. war bei der Beklagten seit dem 1. August 1976 als Servicemonteur/Kundendiensttechniker beschäftigt zu einer monatlichen Vergütung von zuletzt EUR 2.700,00 brutto.
Mit Schreiben vom 24. Juni 2005, unterzeichnet vom Niederlassungsleiter K, Herrn E, und dem Personalleiter, Herrn K, beide mit im Handelsregister eingetragener Prokura, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos wegen erwiesenen Diebstahls von Firmeneigentum, zumindest aber wegen dringenden Diebstahlverdachts.
Nachdem ein Arbeitnehmer der Beklagten durch einen Testkauf bei dem Internetauktionshaus eBay festgestellt hatte, dass Artikel der Beklagten von einem „h” verkauft wurden, und ermittelt worden war, dass es sich bei dem Verkäufer um den Kläger handelte, hörte die Beklagte den Kläger zu am 3. Juni 2005 angebotenen 10 Verkaufsartikeln an. Die Artikel waren bei eBay als „Privatauktionen” eingestellt, bei denen nicht sofort erkannt werden kann, um welche Artikel es sich handelt, und bei denen auch der Name des Käufers über eBay nicht ermittelt werden kann. Eine Recherche ergab, dass es sich bei den 10 Verkaufsartikeln um Materialien handelte, die den Kundendiensttechnikern der Beklagten für ihre Tätigkeit zur Verfügung stehen, u. a. 2 Kabelringe á 250 Meter.
Bei der Anhörung am 13. Juni 2005, die von 9.55 Uhr bis 13.25 Uhr dauerte, waren neben dem Kläger anwesend der direkte Vorgesetzte des Klägers, Herr H, und ein Sicherheitsmitarbeiter der Beklagten, Herr S. In dem Anhörungsprotokoll, das von dem Kläger unterschrieben wurde, heißt es über die Einlassung des Klägers:
„Herrn B wird noch einmal der Sachverhalt genau vorgehalten. Er behauptet, die angebotenen Artikel auf verschiedenen Flohmärkten erworben zu haben. Quittungen über Ankäufe kann er nicht vorlegen, da er keine Belege besitzt. Auch Unterlagen über die verschiedenen Käufer sind angeblich nicht mehr in seinem Besitz. Selbst Bankauszüge, auf denen die Einzahlungen für ihn vermerkt sein könnten, will er vernichtet haben.
Herrn B wird um ca. 10.05 Uhr die aktuelle Angebotsliste von „ ” vorgehalten, auf der zwei Ringe mit Kabel aufgeführt sind. Herr B erklärt dazu: „Diese Kabelringe sind nicht in meinem Besitz. Ich habe die zwei Ringe zwar bei eBay eingestellt, habe sie aber zu keinem Zeitpunkt besessen. Ich wollte sie mir auf Flohmärkten ankaufen, wenn ein Käufer Interesse gehabt hätte. Ich war gestern noch auf einem Flohmarkt, habe aber kein entsprechendes Kabel gefunden. Wenn sich ein Käufer gemeldet hätte, hätte ich ihm gesagt, dass das Kabel bereits anderweitig verkauft sei.
Von 13.05 Uhr bis 13.20 Uhr wurde die Befragung unterbrochen.
Fortsetzung der Befragung: Ich gebe zu, dass ich zwei Rollen á 250 m Kabel aus dem V -Gebäude mitgenommen habe. Diese Rollen haben über mehrere Monate dort in einem alten nicht aufgelösten Lager gelegen. Ein Kollege, dieser ist nicht mehr bei der T, seinen Namen weiß ich nicht, hat mir gesagt, dass ich das Kabel mitnehmen darf.
Des weiteren gebe ich zu, dass ich das ein oder andere Teil auch schon mal aus den Müllbehältern mitgenommen und aufgearbeitet bei eBay verkauft habe.”
Bei der Anhörung waren dem Kläger eine Aufstellung des Internetauktionshauses eBay über die am 3. Juni 2005 eingestellten Verkaufsartikel (Bl. 54 d. A.) nebst Einzelangeboten (Bl. 55 – 61 d. A.) vorgehalten worden, darunter 3 Aufputzdosen für ISDN mit dem Hinweis „neu von „T” „kein preiswerter Baumarktkram!”) sowie 2 Unterputzdosen für ISDN mit dem Hinweis „neue T -Dosen”, jeweils zu einem Startpreis in...