Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwendung des Wortes Kündigung. Formnichtigkeit einer Kündigung. Berufen auf eine Formnichtigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Berufen auf eine Formnichtigkeit einer Kündigung kann nach § 242 BGB unbeachtlich sein, wenn der Erklärungsgegner einen besonderen Grund hatte, auf die Gültigkeit der Erklärung trotz des Formmangels zu vertrauen und der Erklärende sich mit der Berufung den Formmangel zu seinem eigenen vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 623, 126, 615 S. 1, §§ 293, 295 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 20.02.2013; Aktenzeichen 3 Ca 4331/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.02.2013 - 3 Ca 4331/12 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  • 1.

    Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 14.05.2012 zum 31.07.2012 beendet wurde.

  • 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 319,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 zu zahlen.

  • 3.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 386,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2012 zu zahlen.

  • 4.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 386,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2012 zu zahlen.

  • 5.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • 6.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin

    zu 30 %, die Beklagte zu 70 %.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und Lohnansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

Die Klägerin war nach ihrer Ausbildung zur Friseurkraft seit dem Januar 2007 für die Beklagte, die einen Friseursalon mit in der Regel weniger als zwei Mitarbeitern betreibt, zunächst in Vollzeit und sodann ab Januar 2009 anlässlich der Geburt ihres ersten Kindes in Teilzeit während der Elternzeit auf der Basis einer geringfügigen Beschäftigung tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindlich erklärte Manteltarifvertrag für das Friseurhandwerk in Nordrhein-Westfalen vom 07.01.2008 (MTV) Anwendung.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Klägerin anlässlich erneuter Schwangerschaft im Herbst 2010 und später gegenüber der Beklagten und Kundinnen mündlich die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum Ende der Mutterschaftszeit erklärt hat.

Nach der Geburt ihres zweiten Kindes im Mai 2011 nahm die Klägerin ihre Tätigkeit bei der Beklagten nicht wieder auf. Erstmals Mitte Februar 2012 verlangte sie telefonisch von der Beklagten die Weiterbeschäftigung, was von dieser abgelehnt wurde.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis vorsorglich schriftlich unter dem 14.05.2012 zum 30.06.2012, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.02.2013 (Bl. 137 ff. d.A.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien erst durch die schriftliche Kündigung der Beklagten mit Wirkung zum 31.08.2012 beendet worden sei und die Beklagte zur Zahlung von Annahmeverzugslohn bis zum 31.08.2012 verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin keine vorherige mündliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt, sondern allenfalls Überlegungen und Planungen einer anderweitigen Beschäftigung nach Geburt des zweiten Kindes zum Ausdruck gebracht habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe, wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihr am 08.04.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.05.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 08.07.2013 begründet.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe gegenüber ihr und Kunden im Herbst 2010 mehrfach erklärt, sie werde nach der Geburt des zweiten Kindes bei den K -V -B A (K ) arbeiten und den Friseurberuf ganz an den Nagel hängen. Wegen dieses endgültigen Entschlusses wolle sie auch keine Elternzeit beantragen. Von ihrem Plan habe sie am 17.11.2010 der Kundin M berichtet und in einem Gespräch mit der Kundin H sinngemäß betont, dass ihr Ausscheiden endgültig und unumkehrbar sei. Nochmals am 15.01.2011 habe sie gegenüber der Kundin v D bekräftigt, dass sie den Friseurberuf ganz an den Nagel hängen wolle. Im Januar 2011 habe sich die Klägerin von den Kundinnen für immer verabschiedet, der Beklagten den Schlüssel für den Friseursalon zurückgegeben und ihr gesamtes Habe nebst Werkzeug mitgenommen. Der Klägerin sei es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Formunwirksamkeit der von ihr mündlich ausgesprochenen Kündigungen zu berufen. Die Kündigungsfrist nach dem MTV habe das Arbeitsgericht falsch berechnet.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.0...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge