Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der einschlägigen Berufserfahrung i.S. von § 16 Abs. 2 TV-L. Stufenzuordnung einer Gymnasiallehrerin nach dem TV-L

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Bestimmung des Begriffs der "einschlägigen Berufserfahrung" in § 16 II TV-L.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine "einschlägige Berufserfahrung" i.S. von § 16 Abs. 2 TV-L liegt vor, wenn die frühere Tätigkeit im Wesentlichen unverändert fortgesetzt wird oder zumindest gleichartig war. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der Beschäftigte die Berufserfahrung in einer Tätigkeit erlangt hat, die in ihrer eingruppierungsrechtlichen Wertigkeit der Tätigkeit entspricht, die er nach seiner Einstellung auszuüben hat.

2. Eine Tätigkeit bei einer staatlich anerkannten Ergänzungsschule ist einer Tätigkeit an einer öffentlichen Schule gleichwertig, wenn sie das gleiche Ausbildungsziel verfolgt hat.

 

Normenkette

TV-L § 16; SchulG NRW §§ 102, 104, 116, 118

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 20.11.2018; Aktenzeichen 16 Ca 5275/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.02.2021; Aktenzeichen 6 AZR 205/20)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.11.2018 in Sachen 16 Ca 5275/18 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die richtige Stufenzuordnung der Klägerin nach § 16 TV-L bei ihrer Einstellung am Städtischen R -Gymnasium in D im August 2017.

Die am 1981 geborene Klägerin ist examinierte Gymnasiallehrerin für die Fächer Deutsch und Englisch mit einer Zusatzausbildung für das Fach Deutsch als Zweitsprache. Von August 2010 bis Juli 2012 arbeitete sie als Lehrerin an der Gesamtschule M . In der Zeit vom 01.08.2012 bis 31.07.2015 war die Klägerin als Lehrerin an der deutschen Schule S beschäftigt. Die deutsche Schule S ist eine vollausgebaute deutsche Auslandsschule mit insgesamt ca. 1350 Schülerinnen und Schülern, bestehend aus Kindergarten, vierjähriger Grundschule und achtstufigem Gymnasium (G-8-Bildungsgang). Sie ist eine Privatschule in der Trägerschaft des Schulvereins "Deutsche Schule S e. V.", die von der Kultusministerkonferenz der Länder als deutsche Schule im Ausland anerkannt ist und vom Auswärtigen Amt finanziell und personell gefördert wird. Die Deutsche Schule S vergibt u. a. das deutsche internationale Abitur, welches zum Studium an allen deutschen Hochschulen berechtigt.

Die Klägerin wurde vor Ort vom Trägerverein der Deutschen Schule S eingestellt (sogenannte Ortslehrkraft). An der Schule sind auch Lehrer/-innen tätig, die als Lehrer/-innen im Auslandsdienst über das Bundesverwaltungsamt abgeordnet worden sind.

Aus dem der Klägerin erteilten Zeugnis der deutschen Schule S (Bl. 53 f. d. A.) ergibt sich u. a., dass die Klägerin dort Unterricht in allen Klassenstufen erteilte und auch Aufgabenvorschläge für das zentrale Abitur in der Region O im Fach Deutsch erarbeitete. Ausweislich einer von der Klägerin in der Berufungsinstanz beigebrachten ergänzenden Bestätigung der Schule erteilte sie im Schuljahr 2013/2014 Englischunterricht in der Jahrgangsstufe 10 und in den Schuljahren 2012/2013 und 2013/2014 Deutschunterricht in den Jahrgangsstufen 11 und 12. Ferner war sie in den Schuljahren 2012/2013 und 2013/2014 an der Vorbereitung und Durchführung der mündlichen und schriftlichen Abiturprüfungen beteiligt, und zwar als Erst- und Zweitkorrektorin der schriftlichen Abiturprüfungen sowie bei der Abnahme von mündlichen Prüfungen im Fach Deutsch als Prüferin (Bl. 206 d. A.).

In der Zeit vom 01.08.2015 bis 31.03.2017 war die Klägerin als Lehrerin an der I I S o t R gGmbH in N tätig. Bei der I handelt es sich um eine private, staatlich anerkannte internationale Ergänzungsschule, die sich als "universitätsvorbereitende Ganztagsschule" versteht. Die I bereitet ihre Schüler u. a. auf das International Baccalaureate (IB) vor, das in einer externen Prüfung erworben werden muss und sodann zur Aufnahme eines Hochschulstudiums in Deutschland berechtigt.

Ausweislich des der Klägerin erteilten Arbeitszeugnisses der I vom 16.03.2017 (Bl. 75 f. d. A.) erteilte die Klägerin an der I Deutsch- und Literaturunterricht auf muttersprachlichem Niveau nach Kernlehrplan NRW für das Gymnasium von der 5. bis zur 9. Klasse, Deutsch als Fremdsprache für die 5. und 6. Klasse und Englisch für die 6. Klasse.

Nach Ende ihrer Tätigkeit für die I wechselte die Klägerin für die Zeit vom 05.05.2017 bis 14.07.2017 als Gymnasiallehrerin an das städtische Gymnasium in W . Für die Zeit ab 30.08.2017 erhielt sie sodann einen für die Zeit bis zum 28.08.2018 befristeten Arbeitsvertrag als Gymnasiallehrerin des beklagten Landes am städtischen R -Gymnasium in D (Bl. 18 ff. d. A.).

Mit ihrer Einstellung am R -Gymnasium in D wurde die unstreitig zutreffend in EG 13 eingruppierte Klägerin der Entgeltstufe 1 gemäß § 16 Abs. 2 TV-L zugeordnet. Bereits im Juni 2017 und nochmals u. a. mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 17.05.2018 (Bl. 26 ff. d. A.) beantragte die Klägerin die Zuord...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge