Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankheitsbedingte Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unterschiedliche Erkrankungen können den Schluss auf eine gewisse Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und damit eine negative Prognose begründen (wie BAG, Urteil vom 10.11.2005 – 2 AZR 44/05, AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit).

2. Vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, sich beim Arbeitnehmer nach dessen Gesundheitszustand zu erkundigen (im Anschluss an BAG, Urteil vom 17.06.1999 – 2 AZR 639/88, AP Nr. 37 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit; a. A. ArbG Berlin, Urteil vom 25.03.1976 – 26 Ca 210/75, DB 1976, 2072).

3. Die Durchführung eines sog. betrieblichen Eingliederungsmanagements i. S. von § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die krankheitsbedingte Kündigung eines nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers.

 

Normenkette

KSchG § 1; SGB IX § 84 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 26.01.2006; Aktenzeichen 8 Ca 2436/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.01.2006 – 8 Ca 2436/05 – abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.02.2005 nicht zum 31.05.2005, sondern erst zum 30.06.2005 aufgelöst worden ist.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Beendigungskündigung, das Bestehen eines Weiterbeschäftigungsanspruchs, die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte sowie die hilfsweise arbeitgeberseitig begehrte Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Die am 28.07.1963 geborene, nicht verheiratete Klägerin war seit dem 01.05.1999 bei der Beklagten als IT-Spezialistin beschäftigt und wurde seit dem 01.01.2003 in der Abteilung Qualitätsmanagement der Niederlassung Renten Service der Beklagten in K eingesetzt. Ihr Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt 4.384,11 EUR.

Im Jahre 2001 war die Klägerin vom 30.01. bis zum 01.02., vom 09.03. bis zum 11.03., vom 02.05. bis zum 11.05., vom 18.05. bis zum 05.06., vom 11.06. bis zum 23.07. sowie vom 27.07. bis zum 14.08. insgesamt 66 Arbeitstage bzw. 97 Kalendertage arbeitsunfähig erkrankt. Im Jahre 2002 war sie am 21.01., vom 08.02. bis zum 10.02., vom 08.04. bis zum 19.04., am 29.05. und 14.06., vom 24.07. bis zum 25.07., am 26.09., vom 26.11. bis zum 27.11. sowie vom 11.12. bis zum 18.12. insgesamt 25 Arbeitstage bzw. 31 Kalendertage arbeitsunfähig erkrankt. Im Jahre 2003 war sie insgesamt 31 Arbeitstage bzw. 37 Kalendertage, nämlich vom 07.01. bis zum 17.01., vom 05.03. bis zum 06.03., am 12.03., vom 20.03. bis zum 21.03., vom 07.04. bis zum 08.04., vom 08.05. bis zum 09.05., am 28.05., vom 31.07. bis zum 10.08., am 10.10. und 21.10., vom 30.10. bis zum 31.10. sowie am 24.11. arbeitsunfähig erkrankt. In der Zeit vom 25.06. bis zum 30.07. befand sie sich in einer Kur. Im Jahre 2004 war sie am 12.01. und 03.02., vom 06.04. bis zum 07.04., vom 06.05. bis zum 14.05., am 18.06., vom 25.06. bis zum 21.07., vom 04.08. bis zum 10.08., vom 28.09. bis zum 29.09., am 15.10. und 20.10., vom 25.10. bis zum 29.10., vom 04.11. bis zum 26.11., am 30.11. sowie vom 17.12. bis zum 22.12. insgesamt 67 Arbeitstage bzw. 87 Wochentage arbeitsunfähig erkrankt. Im Januar 2005 war sie am 25. und 26. arbeitsunfähig erkrankt.

Die Entgeltfortzahlungskosten, die die Beklagte an die Klägerin seit dem Jahre 2001 leistete, betrugen insgesamt 36.865,14 EUR.

In den Jahren 2003 und 2004 erteilte die Beklagte der Klägerin mehrere schriftliche Hinweise, Ermahnungen und Abmahnungen, u.a. mit Schreiben vom 02.04.2004 eine Abmahnung wegen nicht termingerechter und prozesskonformer Bearbeitung von Vorgängen, mit Schreiben vom 07.04.2004 eine Abmahnung wegen einer heimlichen Tonbandaufnahme während eines vom Abteilungsleiter am 05.04.2004 durchgeführten Workshops, mit Schreiben vom 23.07.2004 eine Ermahnung wegen Nichtbeachtung der tariflichen Anzeige- und Nachweispflichten im Krankheitsfalle in den Monaten Juni und Juli 2004, mit Schreiben vom 09.08.2004 eine Ermahnung wegen Gleitzeitschulden, mit Schreiben vom 17.08.2004 eine Aufforderung, ab sofort für den ersten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit (auch für Einzelfehltage) eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, mit Schreiben vom 26.10.2004 eine Abmahnung wegen nicht termingerechter und prozesskonformer Bearbeitung von Vorgängen, mit Schreiben vom 12.11.2004 wegen unterlassenen Einbuchens in das Zeiterfassungssystem und Verstößen gegen die Kernzeit in den Monaten September und Oktober 2004 sowie mit Schreiben vom 03.12.2004 eine Abmahnung wegen Verstößen gegen die Anzeige- und Nachweispflichten im Krankheitsfall im Monat November 2004.

Mit Schreiben vom 27.01.2005 unterrichtete die Beklagte den bei ihr bestehenden Betr...

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