Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlungskosten. Krankheit. Kündigung. Kurzerkrankungen, häufige. Leistungsunfähigkeit, dauernde. Verschlechertung nach Zugang. Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen

 

Leitsatz (redaktionell)

Maßgebliche Beurteilungsgrundlage für die Rechtmäßigkeit einer krankheitsbedingten Kündigung sind die objektiven Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 25.07.2007; Aktenzeichen 6 Ca 518/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 25.07.2007, Az.: 6 Ca 518/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung der Beklagten vom 14.03.2007 und die Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der Kläger (geb. am 19.03.1959, ledig, ein Sohn im Alter von 18 Jahren) ist seit dem 08.04.1980 im Betrieb der Beklagten als Sanitärinstallateur zu einem Bruttomonatslohn von zuletzt EUR 2.305,00 beschäftigt. Die Beklagte stellt Fertigbäder und Fertiggaragen her. Sie beschäftigt ca. 130 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat.

Der Kläger hatte nach Darstellung der Beklagten (vgl. Bl. 35 d. A.) seit 1997 folgende krankheitsbedingte Fehlzeiten, die folgende Entgeltfortzahlungskosten verursacht haben sollen:

Jahr

Tage

EntgeltFZ

1997

34,70

EUR 4.056,19

1998

37,60

EUR 4.492,22

1999

25,00

EUR 2.976,57

2000

8,00

EUR 896,71

2001

25,00

EUR 3.101,33

2002

26,08

EUR 3.398,06

2003

32,92

EUR 5.005,74

2004

33,38

EUR 4.488,55

2005

43,44

EUR 5.174,68

2006

53,89

EUR 6.593,46

2007

25,00

EUR 3.416,47 (bis 16.02.07)

Vom 23.06.2001 bis zum 05.05.2002 wurde der Kläger im Anschluss an eine verhaltensbedingte Kündigung der Beklagten nicht beschäftigt. Mit Schreiben vom 02.02.2005 hatte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum ersten Mal aus krankheitsbedingten Gründen zum 30.09.2005 gekündigt. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 22.06.2005 (6 Ca 355/05) stattgegeben. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 15.12.2005 ihre Berufung (2 Sa 716/05) gegen dieses Urteil zurückgenommen. Mit Schreiben vom 21.11.2005 hat sie das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 30.06.2006 gekündigt. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 10.05.2006 (6 Ca 2682/05) stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 16.11.2006 (6 Sa 564/06), das ihr am 13.03.2007 zugestellt worden ist, zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 14.03.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum zweiten Mal aus krankheitsbedingten Gründen zum 31.10.2007. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit der vorliegenden am 22.03.2007 erhobenen Klage. Am 30.04.2007 unterzog er sich einer Operation am Kniegelenk. Seither ist er ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer nochmaligen Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 25.07.2007 (S. 3-7 = Bl. 107-111 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 14.03.2007 nicht beendet wird,
  2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen vorläufig bis zum Abschluss des vorliegenden Kündigungsschutzprozesses als Betriebshandwerker weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.07.2007 (Bl. 105 ff. d. A.) der Kündigungsschutzklage und dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben. Zur Begründung der Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte könne die Kündigung nicht auf häufige Kurzerkrankungen stützen, weil ihrem Sachvortrag keine konkreten Krankheitszeiträume zu entnehmen seien. Sie habe sich schriftsätzlich darauf beschränkt, lediglich die saldierten Krankheitstage pro Kalenderjahr vorzutragen. Selbst wenn sich das Gericht aus den dem Schriftsatz beigefügten Anlagen (Fotokopien von Kalenderblättern der Jahre 1997 bis 2007) die Krankheitstage heraussuche und zu Gunsten der Beklagten eine negative Gesundheitsprognose unterstelle, habe die Beklagte eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer betrieblichen Interessen nicht dargetan. Ihrem Vortrag lasse sich nicht entnehmen, welche konkreten Überbrückungsmaßnahmen sie in der Vergangenheit ergriffen habe und weshalb ihr dies in der Zukunft nicht mehr möglich oder zumutbar sein soll. Auf die Lohnfortzahlungskosten könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie diese nicht im Einzelnen dargelegt habe. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei objektiv außer Stande, die geschuldete Arbeit zu leisten, sei ins Blaue hinein gerichtet. Es kön...

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