Entscheidungsstichwort (Thema)

verhaltensbedingte Kündigung. Beleidigung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Das Götz-Zitat ist grundsätzlich als grobe Beleidigung anzusehen, die auch ohne Abmahnung als Kündigungsgrund ausreichen kann.

2) Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung im Einzelfall sind allerdings die die Beleidigung auslösende Konfliktsituation, der dadurch entstandene Erregungszustand, die vor Ausspruch der Kündigung erfolgte Entschuldigung des Arbeitnehmers bei dem Betroffenen – hier dem Geschäftsführer – zugunsten des Arbeitnehmers in Erwägung zu ziehen.

 

Normenkette

KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 14.01.2010; Aktenzeichen 10 Ca 7683/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.01.2010 – 10 Ca 7683/09 – wird zurückgewiesen.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.01.2010 – 10 Ca 7673/09 – teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.470,00 EUR brutto abzüglich 1.555,72 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins aus 836,00 EUR brutto ab 01.10.2009, weiteren 836,00 EUR ab 02.11.2009 abzüglich 1.031,23 EUR netto und aus 798,00 EUR brutto, abzüglich 524,40 EUR netto ab 01.12.2009 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 3/10 und die Beklagte zu 7/10.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung, um die Weiterbeschäftigung des Klägers und um dessen Verzugslohnansprüche.

Der am 01.01.1988 geborene, ledige Kläger ist seit dem 17.11.2005 als Mitarbeiter Rotationssysteme im Systemgastronomiebetrieb der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt, mit 25 Wochenstunden und einem monatlichen Bruttoeinkommen, das nach den unterschiedlichen Angaben der Parteien zwischen 1.100,33 EUR und 1.284,30 EUR liegt, tätig.

Der Kläger erhielt schriftliche Abmahnungen durch die Beklagte vom 11.09.2007 und 12.03.2009 jeweils wegen unentschuldigtem Fehlen sowie vom 25.05.2009 wegen verspätetem Erscheinen am Arbeitsplatz. Zudem erklärt die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 22.06.2009 wegen von ihr angenommener nicht ordnungsgemäßer Krankmeldung. Die Kündigung vom 22.06.2009 nahm die Beklagte in der Folgezeit zurück.

Am 05.08.2009 kam es im Restaurant der Beklagten im E in K im Zusammenhang mit der Verbringung einer Warenlieferung in den Keller und die Kühlräume des Restaurants durch den Kläger zu einer Auseinandersetzung des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beklagten.

Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 11.08.2009 die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien fristgerecht zum 01.09.2009, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.

Hiergegen richtet sich die Kündigungsschutzklage des Klägers vom 13.08.2009, welche beim Arbeitsgericht in Köln am 17.09.2009 eingegangen ist.

Der Kläger hat gemeint, im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem Geschäftsführer der Beklagten am 05.08.2009 sei es weder zu einer Beleidigung noch zu einer Bedrohung des Geschäftsführers durch den Kläger gekommen. Nach Anlieferung der tiefgefrorenen Ware habe er diese ordnungsgemäß auf die zum Keller führende Rutsche verbracht. Beschädigungen an der Ware seien nicht eingetreten, was er dem Geschäftsführer erklärt habe. Nach der Diskussion mit dem Geschäftsführer vor dem Restaurant, sei er später ins Restaurant gegangen, um sich dort ein Getränk zu holen. Dort habe er den Geschäftsführer angetroffen, der sich bei dem Vater des Klägers, der ebenfalls im Restaurant beschäftigt ist, beschwert habe. Der Kläger habe dann seine Erklärung, dass er beim Ausräumen der Ware nicht beschädigt habe, wiederholt. Der Geschäftsführer habe ihn daraufhin angeschrien, so dass der Kläger erklärt habe, der Geschäftsführer solle den Kläger nicht vor dem Publikum blamieren, man könne ins Büro gehen, um die Sache weiter zu besprechen. Der Kläger hat zudem die Rechtsansicht geäußert, ein etwaiges Fehlverhalten des Klägers bei der Auseinandersetzung vom 05.08.2009 rechtfertige nicht den Ausspruch einer arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung, da es an vorangegangenen einschlägigen Abmahnungen fehle. Zudem seien die früheren Abmahnungen wie auch die später zurückgenommene ordentliche Kündigung vom 22.06.2009 unberechtigt. Der Kläger hat zudem die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung vor Ausspruch der Kündigung in Abrede gestellt. Durch die Kündigung vom 11.08.2009 zum 01.09.2009 sei auch die vierwöchige Kündigungsfrist nach dem Manteltarifvertrag Systemgastronomie BdS nicht eingehalten. Erstinstanzlich hat der Kläger Verzugslohn für den Zeitraum September bis November 2009 geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 11.08.2009 nicht beendet wird;
  2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschl...

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