Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. Verhaltensbedingte Kündigung wegen Beleidigung. Verhaltensbedingte Kündigung wegen Bedrohung. Zweistufige Prüfung des wichtigen Grundes in § 626 Abs. 1 BGB. Entbehrlichkeit der Abmahnung bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen
Leitsatz (redaktionell)
Eine fristlose Kündigung wegen Beleidigung und Bedrohung des Geschäftsführers ist rechtmäßig und auch bei längerer Betriebszugehörigkeit verhältnismäßig, da hier das Bestandsinteresse des Klägers zurücktritt.
Normenkette
BGB §§ 626, 626 Abs. 1-2; ZPO § 97
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 26.04.2019; Aktenzeichen 1 Ca 5043/18) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.04.2019 - 1 Ca 5043/19 - wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten - soweit berufungsrelevant - um die Wirksamkeit der arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung vom 16.07.2018, um die Wirksamkeit der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 20.07.2018 und um einen Anspruch des Klägers auf Entfernung der arbeitgeberseitigen Abmahnung vom 20.02., 07.03., 30.03., 12.12.2017 sowie um den Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.
Der am 1971 geborene Kläger, verheiratet und Vater von vier Kindern, denen er zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit dem 02.08.1999 als Maurer im Baubetrieb der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt, mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von zuletzt durchschnittlich 2.994,78 € beschäftigt.
Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 20.02.2017eine schriftliche Abmahnung wegen von ihr angenommener beharrlicher Arbeitsverweigerung im Zusammenhang mit einer Fahrt nach Düsseldorf. Erneut mahnte die Beklagte den Kläger schriftlich am 07.03.2017 wegen Beschimpfung des Geschäftsführers anlässlich eines Telefonates des Klägers mit dem Geschäftsführer und wegen Arbeitsverweigerung ab. Mit Schreiben vom 30.03.2017 erfolgte eine weitere arbeitgeberseitige Abmahnung gegenüber dem Kläger wegen der Aufstellung unbewiesener Behauptungen mit verleumderischen Charakter im Anwaltsschreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Wegen von ihr angenommener verspäteter bzw. nicht ordnungsgemäßer Krankmeldung und daraus folgendem unentschuldigten Fehlen am 30.11. und 12.12.2017 erteilte die Beklagte dem Kläger erneut eine schriftliche Abmahnung unter dem 12.12.2017.
Im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Köln unter dem Aktenzeichen 9 Ca 1238/18 wegen vom Kläger geltend gemachter Höhergruppierung und Zahlungsforderungen nahm der Kläger nach Durchführung des Gütetermins vom 16.03.2018 mit Schreiben vom 16.05.2018 die Klage zurück.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Kündigungsschreiben vom 16.07.2018 zum 31.01.2019.
Hiergegen richtet sich die Kündigungsschutzklage vom 18.07.2018, die am 23.07.2018 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist.
Mit weiterem Kündigungsschreiben vom 20.07.2018 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich zum 31.01.2019.
Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner Klageerweiterung vom 22.07.2018, die ebenfalls am 23.07.2018 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Mit weiterer Klageerweiterung vom 25.08.2018, die am 27.08.2018 per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, begehrt der Kläger zudem die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten vom 20.07.2018 aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 31.01.2019 hinaus fortbesteht. Die Klageerweiterung vom 06.11.2018 richtet sich gegen die Wirksamkeit der Abmahnungen vom 20.02., 07.03., 30.03. und 12.12.2017.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, beiden Kündigungen - der vom 16.07.2018 und der vom 20.07.2018 - fehle es an hinreichenden Kündigungsgründen. Die ordentliche Kündigung vom 16.07.2018 könne nicht auf Vorfälle vom 25. und 26.06.2018 gestützt werden. Der Kläger habe am 25.06.2018 die ihm zugewiesene Arbeit nicht pflichtwidrig verweigert. Er habe auf der Baustelle, auf der er eingesetzt gewesen sei, die Arbeiten alleine verrichten müssen und sei vom Vorarbeiter Herrn P nicht hinreichend unterstützt worden. Am 26.06.2018 habe der Kläger wegen einer Magenverstimmung nicht auf die Baustelle nach O fahren wollen, weil dort keine Toilette vorhanden gewesen sei. Er habe sich auf der Baustelle dann krankgemeldet. Der Verlauf des Personalgesprächs vom 20.07.2018 anlässlich der Übergabe des Kündigungsschreibens vom 16.07.2018 habe ebenfalls keinen Anlass zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers gegeben. Der Kläger sei im Rahmen dieses Personalgesprächs in keinster Weise aggressiv gewesen, sondern habe sich stets ruhig verhalten. Das Gespräch sei auch von dem Geschäftsführer der Beklagten mit ihm alleine unter vier Augen geführt worden. Der Zeuge N sei nicht a...