Verfahrensgang

ArbG Aachen (Urteil vom 03.02.1998; Aktenzeichen 5 Ca 2217/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 03.02.1998 – 5 Ca 2217/97 – teilweise abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß an Berufsschultagen die Zeit vom Beginn der 1. Unterrichtsstunde bis zum Ende der letzten Unterrichtsstunde auf die betriebliche Arbeitszeit anzurechnen ist.
  2. Im übrigen wird der Feststellungsantrag zurückgewiesen.

2. Die Kosten erster Instanz trägt die Klägerin zu 5/8, der Beklagte zu 3/8. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 3/5, der Beklagte zu 2/5.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Zusammenhang mit dem zwischen ihnen bestehenden Berufsausbildungsverhältnis um Arbeitszeitfragen.

Die am 24.01.1978 geborene Klägerin ist seit 01.02.1996 als Auszubildende für den Beruf der Bäckereifachverkäuferin beim Beklagten beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für das Bäckerhandwerk Anwendung. Die tarifliche Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden ist auf fünf Werktage verteilt. Die Klägerin besucht dienstags von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr und an Donnerstagen von 8.00 Uhr bis 12.15 Uhr die Berufsschule. Nach dem Unterricht nimmt sie ihre Tätigkeit beim Beklagten auf. Die Wegezeit von der Berufsschule zur Betriebsstätte beläuft sich auf 1 % Stunde.

Zwischen den Parteien besteht Streit, ob diese Wegezeit und die während der Berufsschule anfallenden Pausen auf die Arbeitszeit anzurechnen sind. Die Klägerin ist dieser Ansicht und meint, daß ergebe sich aus § 7 BBiG.

Erstinstanzlich hat die Klägerin Vergütung von ihr in der Zeit März bis Mai 1997 nach ihrem Vortrag geleisteter Mehrarbeit verlangt.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß an Berufsschultagen die Zeit vom Beginn der ersten Unterrichtsstunde bis zum Ende der letzten Unterrichtsstunde sowie die notwendige Wegezeit von der Berufsschule zur Betriebsstätte auf die betriebliche Arbeitszeit anzurechnen ist;
  2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 360,32 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, nach der zum 01.03.1997 in Kraft getretenen Gesetzesänderung richte sich die Anrechnung des Berufsschulunterrichtes auf die Arbeitszeit nicht mehr nach dem JArbSchG, sondern nach dem Arbeitszeitgesetz oder einer – vorliegend nicht gegebenen – vertraglichen oder tarifvertraglichen Vereinbarung. Dies bedeute, daß nur noch die tatsächlichen Unterrichtszeiten in der Schule ohne Pausen und ohne Wegezeiten zu berücksichtigen seien.

Durch Urteil vom 03.02.1998 hat das Arbeitsgericht die Klage hinsichtlich der für März bis Mai 1997 verlangten Überstundenbezahlung abgewiesen und der Klage im übrigen entsprochen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt: Die Zeit, welche die Klägerin zur Teilnahme am Unterricht in der Berufsschule zu verbringen habe, sei vom Beginn der ersten Unterrichtsstunde bis zum Ende der letzten Unterrichtsstunde unter Einschluß etwaiger Pausenzeiten auf die betriebliche Arbeitszeit anzurechnen. Das gleiche gelte für die notwendige Zeit, die der Auszubildende benötige, um von der Berufsschule zur Betriebsstätte zu gelangen, wenn dort an Berufsschultagen noch gearbeitet werden müsse. Der Anspruch der Klägerin folge aus § 7 S. 1 BBiG.

Wegen des weiteren Inhaltes des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 25 bis 34 der Akten Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 20.05.1998 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit der vom Arbeitsgericht zugelassenen und beim Landesarbeitsgericht am 28.04.1998 eingegangenen Berufung, die am 28.05.1998 begründet worden ist.

Der Beklagte verbleibt dabei, daß die Pausenzeiten sowie die Zeit, die der Auszubildende benötige, um von der Berufsschule zum Betrieb zu gelangen, auf die betriebliche Arbeitszeit anzurechnen sei. Denn nach den zum 01.03.1997 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen richte sich die Anrechnung des Berufsschulunterrichtes auf die Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz oder einer vorliegend nicht gegebenen Arbeitszeit- oder tarifvertraglichen Vereinbarung. § 2 AZG definiere als Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeitszeit ohne die Ruhepausen. Daher sei es folgerichtig, als Berufsschulzeit nur die Zeit vom Beginn bis zum Ende des Unterrichtes ohne die Pausen anzusehen. Daran ändere sich nichts durch die Erwägung, daß die Klägerin keinen Einfluß auf die in der Berufsschule vorgegebenen Pause habe; denn einen solchen Einfluß habe sie auch nicht auf die während der Arbeitszeit durch den Betriebsinhaber unter Beachtung des § 4 AZG vorgegebenen Pausen.

Anzurechnen seien entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Ansicht auch nicht die Wegezeiten. Mit einem Arbeitnehmer, der eine Einsatzwechseltätigkeit ausübe und dem die Wegezeiten zwischen den wechselnden Einsatzorten zu vergüten seien, sei die Klägerin als berufsschulpflichtige Auszubildende nicht zu vergleichen; denn es sei n...

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