Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. verhaltensbedingt. Wettbewerb. Vorbereitungshandlungen. Arbeitserlaubnis
Leitsatz (amtlich)
1. Haben die Parteien kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, so hindert den Arbeitnehmer § 60 HGB nicht daran, mit den Vorbereitungen für diesen Wettbewerb schon während des Arbeitsverhältnisses zu beginnen (wie BAG v. 30.05.1978 – 2 AZR 598/76).
2. Im Rahmen von Leitsatz 1. ist der Arbeitnehmer nicht auf eine bloß gedankliche Beschäftigung mit seinen Plänen beschränkt, er darf auch bereits handelnd Maßnahmen ergreifen – insbesondere solche, die auf die Schaffung der formalen und organisatorischen Voraussetzungen für das geplante eigene Unternehmen gerichtet sind.
3. Die Grenze des Erlaubten ist erst dann überschritten, wenn das Handeln schon während des Arbeitsverhältnisses unmittelbar die Interessen des Arbeitgebers verletzt oder gefährdet, etwa durch Kontaktaufnahme mit Vertragspartnern des Arbeitgebers.
4. Der bloße Ablauf einer notwendigen Arbeitserlaubnis als solcher rechtfertigt an sich noch keine Kündigung eines seit längerem vollzogenen Arbeitsverhältnisses – es sei denn, ein Warten auf ihre Verlängerung ist für den Arbeitgeber aus besonderen Gründen (z.B. der Arbeitsplatz muß besetzt werden, und die Verlängerung ist nicht in Sicht) nicht zumutbar.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1; HGB § 60; AFG § 19 Abs. 1 S. 6
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 31.05.1995; Aktenzeichen 1 Ca 2029/94) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 31.05.1995 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 1 Ca 2029/94 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Streitwert: 157.500,– DM.
Tatbestand
Der Beklagte ist ein deutscher Verein, der sich der Förderung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und den arabischen Ländern widmet. Seine Satzung nennt als Organe die Generalversammlung, ein Präsidium und ein Direktorium, die sich aus Personen deutscher und arabischer Staatsangehörigkeit zusammensetzen. Darüber hinaus ist ein Generalsekretär als Leiter der Exekutive vorgesehen, der seinerseits Mitglied des Direktoriums ist. Das Direktorium beauftragt auch „einen stellvertretenden Generalsekretär mit der Leitung der Vereinsangelegenheiten bei vorzeitigem Ausscheiden des Generalsekretärs.” Zu den Aufgaben des Vereins gehört u.a. die sog. „Vorlegalisierung”, d.h. die Prüfung und Testierung der international erforderlichen Urkunden und Papiere gegen Gebühr; diese Gebühren stellen eine nicht unerhebliche Einnahmequelle des Vereins dar.
Der Kläger ist libyscher Staatsangehöriger. Er wurde vom Beklagten ab Juli 1990 als „Angestellter” eingestellt. Als sein Aufgabengebiet nennt der Arbeitsvertrag „den Geschäftsbereich der Vorlegalisierung”; anschließend heißt es: „Im übrigen unterstützt er den Generalsekretär nach dessen Weisung und vertritt ihn bei dessen Abwesenheit. Gh. behält sich vor, Herrn A. bei unveränderten Bezügen eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen … Herr A. untersteht dem Generalsekretär und hat ihm zu berichten. Er ist an das Gesetz, die Satzung und die Anweisungen seiner Vorgesetzten gebunden.”
In der Anfangszeit des Arbeitsverhältnisses war die Position des Generalsekretärs vakant. Infolgedessen bekleidete der Kläger diese Position kommissarisch. In dieser Eigenschaft schloß er im Jahre 1991 Arbeitsverträge und sprach Kündigungen aus. Mit Einstellung eines Generalsekretärs endete diese kommissarische Betrauung; seit dem hielt sich der Kläger nur für Zeiten der Abwesenheit des Generalsekretärs als Vertreter bereit. Dies führte z.B. zu seinem durch den Urlaub des Generalsekretärs bedingten Einsatz vom 13.06. bis 15.07.1994.
Die 1. Kündigung sprach der Beklagte unter dem 27.06.1994 als ordentliche und betriebsbedingt aus, ohne den bei ihm amtierenden Betriebsrat (Obmann) zu beteiligen, weil er den Kläger für einen Leitenden Angestellten i.S.d. BetrVG hält.
Die 2. Kündigung sprach der Beklagte unter dem 22.11.1994 als fristlose, vorsorglich ordentliche aus, weil der Kläger zum Nachweis für einen nach wie vor bestehenden Bedarf nach seiner Tätigkeit ein Schreiben des Vereins an das Arbeitsamt vom 23.02.1994 (Bl. 102) in den Prozeß eingeführt hatte, mit dem das Arbeitsamt um die Vermittlung eines Bewerbers für die Position des Stellvertretenden Generalsekretärs gebeten wurde. Des weiteren wurde diese Kündigung damit begründet, der Kläger habe die Errichtung eines konkurrierenden Vereins geplant, der sich im nämlichen Aufgabenbereich speziell den Beziehungen mit Libyen habe widmen sollen, was gleichsam zu einer Ausgliederung dieser bilateralen Wirtschaftsbeziehungen aus seinem Zuständigkeitsbereich und damit zu entsprechenden Einnahmeausfällen hätte führen müssen.
Die 3. Kündigung sprach der Beklagte Mitte Februar 1995 (ohne genaues Datum) ebenfalls als fristlose, vorsorglich ordentliche aus mit der Begründung, die Arbeitserlaubnis des Klägers sei am 09.02.1995 abgelaufen; inzwischen ist zwischen den Parteien unstreitig, daß dies erst am 24.02.1995 eingetreten ist (Bl. 192 d.A.).
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