Entscheidungsstichwort (Thema)
Interessenausgleich. Namensliste. feste Verbindung
Leitsatz (amtlich)
Wird die Namensliste zu einem Interessenausgleich nach § 1 Abs. 5 KSchG nicht unterzeichnet sondern paraphiert, ist nicht in jedem Falle eine feste, körperliche Verbindung zum Interessenausgleich notwendig. Eine das Schriftformgebot wahrende einheitliche Urkunde kann durch andere Umstände gegeben sein, wozu etwa eine Verweisung auf die Namensliste im Interessenausgleich zählt.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 12.05.2010; Aktenzeichen 9 Ca 1707/09) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.05.2010 (Az. 9 Ca 1707/09) wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten sowie über die Weiterbeschäftigung des Klägers. Dieser ist am 28.08.1961 geboren, verheiratet und zwei Kindern unterhaltspflichtig, wobei für eines der Kinder erst im Februar 2009 ein Kinderfreibetrag auf seiner Steuerkarte eingetragen wurde. Er ist seit dem 10.05.1985 bei der Beklagten als Blasmaschinen-/Produktionsarbeiter beschäftigt. Als Maschinenführer war er bislang nicht tätig. Zuletzt erzielte er in der Entgeltgruppe 3 ein durchschnittliches monatliches Einkommen in Höhe von 2.500,00 EUR brutto. Die Beklagte stellt Stahlfässer und Fibretrommeln her und beschäftigte im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung 96 Arbeitnehmer. Der Kläger war im Produktbereich Stahlfässer an der Kunststoffbehälter-Blasmaschine tätig. Diese Maschine wird zur Herstellung von Kunststofffässern benötigt, die später von außen mit Stahl ummantelt werden. Zum Ende des Jahres 2008 gingen die Produktion und der Absatz dieser Kombifässer zurück. Am 29.01.2009 schloss die Beklagte mit ihrem Betriebsrat einen Interessenausgleich ab, der einen Personalabbau vorsah. Hinsichtlich der einzelnen, den Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten bedingenden Maßnahmen nimmt der Interessenausgleich Bezug auf eine Anlage 2, in welcher die Anzahl der durch die verschiedenen Änderungen jeweils wegfallenden Arbeitsplätze, insgesamt 17 an der Zahl, aufgeführt ist. Unter anderem ist dort vorgesehen, die an der Blasmaschine bisher von 3 Mitarbeitern erledigten Arbeiten künftig auf 2 Mitarbeiter zu verteilen. Hinsichtlich der Konkretisierung der zu kündigenden Personen nimmt der Interessenausgleich Bezug auf eine Anlage 3. Diese enthält eine Auflistung von 17 Namen. Der zweiseitige Interessenausgleich ist auf der ersten Seite sowie auf jeder Seite der Anlagen von den Betriebsparteien paraphiert und auf der zweiten Seite des Interessenausgleichs unterschrieben worden. Ferner heißt es in Ziffer 2 des Interessenausgleichs, dass „der Betriebsrat erklärt, dass das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG durchgeführt ist und dass er dem Ausspruch der Kündigung der in Anlage 3 aufgeführten Mitarbeiter nicht widerspricht.” Hinsichtlich der Einzelheiten des Interessenausgleichs sowie seiner Anlagen wird auf diesen (Bl. 30 – 37 d. A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 29.01.2009 sowie vom 06.02.2009 bestätigte die Bundesagentur für Arbeit den Eingang einer Massenentlassungsanzeige der Beklagten vom 29.01.2009. Mit Schreiben vom 29.01.2009, zugegangen am Folgetag, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.08.2009. Zum 01.03.2009 stellte sie ihn von der Erbringung der Arbeitsleistung frei. In der Folgezeit – insbesondere von Juli bis Oktober 2009 – kam es im Rahmen von Abwesenheitsvertretungen immer wieder zum Einsatz von Leiharbeitnehmern, auch im Arbeitsbereich des Klägers.
Mit seiner am 18.02.2009 erhobenen, der Beklagten am 26.02.2009 zugestellten Klage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Kündigung.
Er hat behauptet, die Abläufe an der Blasmaschine seien unverändert. Am 09.09.2009 seien etwa drei Leiharbeitnehmer an ihr zur Aushilfe mit Hilfstätigkeiten beschäftigt worden, für die keine 6-monatige Anlernzeit nötig sei. Auch im Oktober und November 2009 seien teils an der Blasmaschine teils anderswo Leiharbeitnehmer eingesetzt worden. Es liege kein Produktionsrückgang vor. Dem Interessenausgleich lasse sich entnehmen, dass im Jahre 2008 im Bereich der Stahlfässer die höchste Produktionsrate seit dem Jahre 2004 erreicht worden sei. Er sei bei Personalengpässen in allen Bereichen der verschiedenen Fertigungsstraßen eingesetzt worden. Mehrmals habe er angeboten, sich als Schichtführer einarbeiten zu lassen, was auch während der Dauer der Kündigungsfrist durchführbar gewesen sei. An seiner Stelle seien jedoch weniger lange beschäftigte Mitarbeiter zu Schichtführern befördert worden. Soweit die Beklagte den Abbau von Arbeitsplätzen auf die Anschaffung von zwei neuen Maschinen stütze, seien diese noch nicht in Betrieb genommen worden, da sie sich als sehr störanfällig erwiesen hätten. Daher seien die dort zum Wegfall vorgesehenen Arbeitsplätze, an den...