Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen öffentlichen Erhebens von Vorwürfen schwerwiegenden Fehlverhaltens gegen den Arbeitgeber. Zeitpunkt der Anhörung der Schwerbehindertenvertretung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Rechtfertigung dafür, dass ein Arbeitnehmer Vorwürfe schwerwiegenden Fehlverhaltens gegen Vorgesetzte, Repräsentanten des Arbeitgebers oder den Arbeitgeber selber an die Presse bringt oder gegenüber der Presse veröffentlichungswirksam als richtig bestätigt, setzt unter anderem voraus, dass der Arbeitnehmer die Wahrheit der Vorwürfe entweder aus eigener Anschauung sicher kennt oder zumindest über so gewichtige, objektiv nachprüfbare Anhaltspunkte für die Wahrheit der Vorwürfe verfügt, dass ein Anlass zu irgendeinem Zweifel an deren Richtigkeit für ihn nicht bestehen kann.
2. Ein Rechtsgrundsatz, wonach zur Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers die Schwerbehindertenvertretung zwingend zeitlich vor dem zuständigen Personalrat angehört werden müsste, existiert nicht.
Normenkette
BGB §§ 626, § 85 ff.; SGB IX § 91; VwGO § 130a; ArbGG § 58
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 23.04.2009; Aktenzeichen 17 Ca 5133/08) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.04.2009 in Sachen 17 Ca 5133/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung vom 06.06.2008 gegenüber dem als schwerbehinderter Mensch anerkannten und seinerzeit wegen seiner Mitgliedschaft in der Personalvertretung des Dezernates 9 der Beklagten ordentlich unkündbaren Kläger.
Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 17. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 23.04.2009 in Sachen 17 Ca 5133/08 Bezug genommen. Ferner wird auf das Sitzungsprotokoll des Arbeitsgerichts vom 23.04.2009 Bezug genommen, welches die vom Arbeitsgericht durchgeführte Beweisaufnahme wiedergibt.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Klägervertreter am 18.09.2009 zugestellt. Der Kläger hat gegen das Urteil am 05.10.2009 Berufung eingelegt und diese am 16.11.2009 begründet.
Der Kläger hält die Sachverhaltsfeststellung des Arbeitsgerichts für widersprüchlich: Es laste ihm an, bezüglich der in dem Zeitungsartikel inkriminierten "ausgeprägten Selbstbedienungsmentalität" in Erscheinung getreten zu sein. In dem Zeitungsartikel werde diese Aussage aber gerade nicht ihm, dem Kläger, zugeschrieben.
Weiter beanstandet der Kläger die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts. Die Aussage des Zeugen V sei nicht glaubhaft. Dessen Bemühen, eine für seinen Vorgesetzten W positive Aussage zu machen, sei unverkennbar. Zudem sei der Zeuge V auch nicht als glaubwürdig zu betrachten. Er sei ein 'Kegelbruder' seines Vorgesetzten W , duze sich mit diesem und habe im Vorfeld des Beweisaufnahmetermins plötzlich eine Beförderung sowie eine Vertreterzulage und Bereitschaftszulage erhalten.
Weiter beanstandet der Kläger, dass das Arbeitsgericht, wie aus dem Sitzungsprotokoll vom 23.04.2009 ersichtlich, die dort protokollierten Fragen des Klägervertreters an den Zeugen nicht zugelassen und den Zeugen auch nicht vereidigt habe.
Ferner habe das Arbeitsgericht Beweisangebote übergangen. So habe es den Kläger persönlich nicht zu den behaupteten Äußerungen des Zeugen V angehört und auch nicht den Zeugen K vernommen, demzufolge nach Aussagen von Mitarbeitern die Schreinereimöbel für den Chef hergestellt worden seien.
Der Kläger und Berufungskläger vertritt des Weiteren die Ansicht, dass die Anhörung der Personalvertretungsgremien formell unwirksam sei. Die Beklagte habe nämlich am gleichen Tag die Personalvertretungsgremien sowie die Schwerbehindertenvertretung angehört. Zwingend sei jedoch, dass den Personalvertretungsgremien die Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung zur Verfügung zu stellen ist, bevor sie über die Zustimmung zur Kündigung entscheiden. Schließlich habe die Beklagte den beteiligten Gremien auch verschwiegen, dass der Zeuge K angegeben habe, dass ein anderer Mitarbeiter der Schreinerei in Bezug auf Möbel gesagt habe, diese seien für den Chef.
Ferner meint der Kläger und Berufungskläger, die Beklagte habe die Frist zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 2 BGB i.V.m. § 91 Abs. 5 SGB IX nicht eingehalten. So habe der Beklagte seit dem 24.04.08 von dem Zeitungsartikel gewusst und sicherlich noch am gleichen Tag erfahren, dass Herr W bestreite, Gartenmöbel erhalten zu haben.
Schließlich, so meint der Kläger, begründe der Zeitungsartikel auch keinen außerordentlichen Kündigungsgrund. So sei er, der Kläger, mit den Worten zitiert worden, es "sollen" Gartenmöbel für den Chef gebaut worden seien, nicht es "wurden" Gartenmöbel für den Chef gebaut. Dass mit "C...