Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Arbeitsvorgangs und dessen Bewertung mit dem Tätigkeitsmerkmal für die tarifliche Eingruppierung. Auszuübende Tätigkeit als gesamter aus dem Arbeitsvertrag oder dem Direktionsrecht zugewiesener Aufgabenkreis. Zuweisung bestimmter Tätigkeiten mit oder ohne konkrete Bestimmung eines Zeitanteils an der Gesamtaufgabe
Leitsatz (amtlich)
1. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt bei der Bestimmung der Arbeitsvorgänge außer Betracht. Erst nachdem der Arbeitsvorgang bestimmt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Tarifvertragsparteien verschiedene Beispiele für schwierige Tätigkeiten angeführt haben. Damit haben sie die Bewertung von Einzeltätigkeiten festgelegt, nicht aber die Bestimmung von Arbeitsvorgängen vorgegeben, die gerade nicht nach der Wertigkeit der Einzeltätigkeiten, sondern vielmehr ohne Rücksicht auf diese vorzunehmen ist. Es kommt für die tarifliche Bewertung nicht darauf an, ob und inwieweit Einzelaufgaben verwaltungstechnisch verschiedenen Beschäftigten zugewiesen werden könnten, solange sie im Zusammenhang als eine einheitliche Arbeitsaufgabe tatsächlich einer Person übertragen sind (im Anschluss an BAG 20. Februar 2018- 4 AZR 816/16).
2. Die tarifliche Regelung stellt auf die "auszuübende" aufgrund des Arbeitsvertrages verrichtete Tätigkeit ab. "Auszuübende" Tätigkeit ist der ganze Aufgabenkreis, der dem Angestellten arbeitsvertraglich oder im Rahmen des Direktionsrechts zugewiesen ("übertragen") ist (im Anschluss an BAG 18. Mai 1994- 4 AZR 449/93).
3. Weist die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer an, Ordnungswidrigkeiten zu bearbeiten, kommt es für die Eingruppierung darauf an, welcher Anteil der Arbeitszeit des Arbeitnehmers auf die Bearbeitung der Ordnungswidrigkeiten entfällt. Die Arbeitgeberin kann sich nicht darauf berufen, dass eine Tätigkeitsdarstellung einen bestimmten Zeitanteil vorsehe, den der Arbeitnehmer nicht überschreiten dürfe, wenn sie ihn nicht angewiesen hat, die weitere Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten einzustellen, wenn der bestimmte Zeitanteil erreicht ist.
Normenkette
TV EntgO Bund Entgeltgruppe 9a; BAT § 22; BAT Anlage 1a Vergütungsgruppe Vb Fg. 1c Teil I
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 12.04.2018; Aktenzeichen 3 Ca 2667/17) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 12.04.2018 - 3 Ca 2667/17 - teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 31.07.2017 nach der Entgeltgruppe 9 a TVöD-Bund zu vergüten und die jeweiligen Differenzbeträge seit dem ersten Tag des jeweiligen Folgemonats ab dem 01.08.2017 mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
II.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers ab dem 1. Januar 2014.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1996 angestellt. Der Arbeitsvertrag sieht vor, dass sich das Arbeitsverhältnis einschließlich der Eingruppierung und Vergütung nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung bestimmt. Der Kläger ist teilzeitbeschäftigt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden.
Dem Kläger wurden unterschiedliche Tätigkeiten übertragen. Die Beklagte erstellte jeweils zwei Tätigkeitsdarstellungen. Der Teil I wurde von der Beschäftigungsdienststelle verfasst, der Teil II durch die personalführende Dienststelle.
Der Kläger wurde in der Zeit vom 4. Januar 2010 bis zum 30. September 2012 als Leiter der Personalregistratur im B f W beschäftigt. Die Zuweisung der Tätigkeit erfolgte zunächst vorübergehend und ab dem 1. Januar 2012 dauerhaft. Wegen des Inhalts der Tätigkeitsdarstellungen wird auf Blatt 28 ff. d.A. Bezug genommen. Die Beklagte kam in der Tätigkeitsdarstellung II zu dem Ergebnis, dass der Kläger in die Vergütungsgruppe Vc Fg. 1a Teil I der Anlage 1a zum BAT eingruppiert sei. Im hiesigen Rechtsstreit hat die Beklagte geltend gemacht, sie habe sich insoweit geirrt. Richtigerweise hätte die Eingruppierung als Funktionseingruppierung in die Vergütungsgruppe VIb, Fallgruppe 38, Teil I der Anlage 1a zum BAT erfolgen müssen.
Das B f We wurde zum 1. Dezember 2012 aufgelöst. Die Beklagte versetzte den Kläger mit Schreiben vom 28. September 2012 ab dem 1. Oktober 2012 in das B f I , U u D d B . Ihm wurden die Dienstgeschäfte als "BEARB PERS ALLG BUEROSACHBEARB" übertragen. Konkret sollte er als Bürosachbearbeiter Zeiterfassung/Urlaubsstelle tätig werden. In dem Schreiben heißt es, es verbleibe bei der derzeitigen Eingruppierung in die "Vergütungsgruppe Vc, Fg. 1a BAT/EG 08 TVöD".
Zwischen den Parteien ist streitig, wann der Kläger die...