Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arbeitnehmers auf Zahlung einer Sonderzuwendung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Sonderzuwendung, die zum einen erwiesene Treue honoriert und zum anderen Anzeichen einer Alterprämie aufweist, mit der künftige Betriebstreue bezweckt wird, und die nach der getroffenen Vereinbarung weiter erfordert, dass der Arbeitnehmer im Vergütungsbezug stehen muss, ist auch zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer zwar im November eines Jahres Krankengeld bezieht, sich während des restlichen Jahres aber im Vergütungsbezug befand. Denn es würde zu einer nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers führen, wenn entgegen der Wertung des § 611 BGB das aufgrund Arbeitsleistung bereits verdiente Arbeitsentgelt nachträglich wegen Ablaufs des Entgeltsfortzahlungszeitraums zum Stichtag wieder entzogen würde. Insbesondere ist ein Interesse des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer Lohn für bereits geleistete Arbeit vorzuenthalten, grundsätzlich nicht anzuerkennen.
Normenkette
BGB § § 305 ff., §§ 611, 307 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 01.07.2014; Aktenzeichen 18 Ca 3872/14) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 01.07.2014 - 18 Ca 3872/14 - unter Zurückweisung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 255,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2014 zu zahlen. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere2.017,08 € brutto nebst Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu24 % und der Kläger zu 76 %.
II.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch um die Zahlung einer Sonderzuwendung, eines Urlaubsgeldes, einer Urlaubsabgeltung sowie die Erhöhung des Krankengeldes.
Der Kläger ist seit Mai 1998 für die Beklagte bzw. ihrer Rechtsvorgängerin tätig, zuletzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 10.04.2000 (Bl. 58 ff. d. A.).
Der Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Regelung:
"(...)
§ 8 Sonderzuwendungen
Der Arbeitnehmer erhält 89,62 % seines Grundgehaltes von DM 6.200,00 als Sonderzuwendung, zahlbar im November eines jeden Jahres, im Eintritts- und Austrittsjahr entsprechend zeitanteilig. Die Sondervergütung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer in Vergütungsbezug steht. Für Zeiten, für die der Arbeitnehmer keine Vergütung bezieht, wird die Sonderzuwendung - auch nicht zeitanteilig - gezahlt.
Scheidet der Arbeitnehmer auf eigene Veranlassung oder aufgrund eigenen schuldhaften Verhaltens bis zum 31.3. des Folgejahres aus, so ist die Sonderzuwendung in voller Höhe zurückzuzahlen.
(...)"
Seit dem 03.08.2012 ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.
Zwischen den Parteien ist ein Kündigungsrechtsstreit anhängig (LAG Köln 5 Sa 731/14). Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.11.2013 zum 31.05.2014 gekündigt.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 01.07.2014 (Bl. 81 ff. d. A.) dem Kläger rechtskräftig die Zahlung eines Urlaubsgeldes für das Jahr 2013 zuerkannt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Eine Sonderzuwendung für die Jahre 2012 und 2013 sei nicht geschuldet, da der Kläger im Krankengeldbezug gestanden habe. Der Resturlaub aus dem Jahre 2012 in Höhe von 17 Tagen sei nicht abzugelten, weil er mit dem 31.03.2014 erloschen sei. Eine Nachforderung ab Oktober 2012 bis Dezember 2013 wegen Tariflohnerhöhungen für die Jahre 2012 und 2013 bestehe mangels Arbeitsleistung nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens sowie der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihm am 24.07.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.08.2014 Berufung eingelegt und diese am 15.09.2014 begründet.
Der Kläger ist der Ansicht, bei der Sondervergütung handele es sich um eine zusätzliche Honorierung erbrachter Arbeitsleistung. Das Erlöschen von Urlaubsansprüchen langfristig erkrankter Mitarbeiter benachteilige diese unangemessen. Für den Zeitraum des Krankengeldbezugs sei ein fiktives Gehalt des Klägers unter Berücksichtigung erfolgter Tariflohnerhöhungen zu bilden.
Der Kläger beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 01.07.2014 zu dem Aktenzeichen - 18 Ca 3872/14 - die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 9.306,43 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 16.03.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts mit Rechtsausführungen. Zur Zahlung einer Sondervergütung sei sie nicht verpflichtet, weil der Kläger zum Zahlungszeitpunkt nicht im Vergütungsbezug gestanden habe.
Wegen der weiteren Ein...