Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverbot. Schriftformklausel. Doppelte Schriftformklausel und mündliche Absprachen. Verstoß gegen Treu und Glauben. Berufung auf unwirksame Klausel durch Verwender
Leitsatz (amtlich)
1. Eine "doppelte Schriftformklausel" steht einer mündlichen Aufhebung eines Wettbewerbsverbots entgegen, § 125 Satz 2 BGB.
2. Die Berufung auf einen Formmangel kann ausnahmsweise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, wenn der Erklärende seinen Willen mit ganz besonderer Verbindlichkeit und Endgültigkeit mehrfach zum Ausdruck bringt und damit einen besonderen Vertrauenstatbestand schafft und zudem das Ergebnis des Formmangels für den Erklärungsempfänger nicht nur hart, sondern schlechthin untragbar ist.
3. Der Verwender einer unwirksamen Schriftformklausel kann sich im Rahmen der AGB-Kontrolle gegenüber dem Vertragspartner nicht auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen.
Leitsatz (redaktionell)
Ein Wettbewerbsverbot kann nicht mündlich rechtswirksam zwischen den Parteien aufgehoben werden, wenn eine doppelte Schriftformklausel vereinbart wurde. Sie kann regelmäßig nicht durch eine die Schriftform nicht wahrende Vereinbarung abbedungen werden. An der Verwendung gerade der doppelten Schriftformklausel wird deutlich, dass die Vertragsparteien auf die Wirksamkeit ihrer Schriftformklausel besonderen Wert legen.
Normenkette
BGB §§ 305b, 125 S. 2, §§ 242, 307
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 10.01.2013; Aktenzeichen 3 Ca 1632/12) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.01.2013 - 3 Ca 1632/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Karenzentschädigung.
Die Klägerin war bei der Beklagten bis zum 31.03.2012 als Fachärztin für Allgemeinmedizin auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 30.08.2006 tätig. Dieser Anstellungsvertrag enthält in § 13 ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nebst Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung und bestimmt in § 14, dass u.a. Änderungen des Arbeitsvertrages der Schriftform bedürfen und dieses auch für die Abänderung des Schriftformerfordernisses gilt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf Bl. 3 ff. d. A. verwiesen.
Die Klägerin hat auf der Grundlage des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes die Karenzentschädigung für die Monate April bis Juni 2012 nebst Verzugszinsen eingeklagt. Das Arbeitsgericht hat mit Versäumnisurteil vom 13.12.2012 der Klage stattgegeben. Auf den Einspruch der Beklagten hat es mit Urteil vom 10.01.2013 (Bl. 61 ff. d. A.) das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe weder vor Beendigung des Dienstverhältnisses schriftlich auf das Wettbewerbsverbot verzichtet noch sei dieses Konkurrenzverbot wirksam mündlich aufgehoben worden. Es sei auch nicht treuwidrig, wenn sich die Klägerin auf das Schriftformerfordernis berufe, denn es diene der Rechtssicherheit des Nachweises. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Wettbewerbsverbots seien eingehalten, die Klägerin habe ihre Praxis außerhalb des vereinbarten Radius von 5 Kilometern um den Sitz der Beklagten eröffnet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe, wegen der weiteren Einzelheiten des streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihr am 04.02.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.02.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 06.05.2013 begründet.
Die Beklagte behauptet, die Parteien hätten das Wettbewerbsverbot einvernehmlich mündlich aufgehoben. Sie meint, dadurch sei zugleich die Schriftformklausel des Anstellungsvertrages abbedungen worden. Die doppelte Schriftformklausel sei zudem zu weit gefasst und somit gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Klägerin verhalte sich treuwidrig, wenn sie sich auf das Wettbewerbsverbot berufe.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Bonn, verkündet am 10.01.2013(Az. 3 Ca 1032/12) die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Eine mündliche Aufhebung der doppelten Schriftformklausel sei aus Rechtsgründen nicht möglich. Zudem könne sich die Beklagte als Verwenderin nicht auf eine Unwirksamkeit der Klausel berufen. Zu einer mündlichen Aufhebung des Wettbewerbsverbots sei es in den Gesprächen zwischen den Parteien nicht gekommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 06.05.2013 und 27.06.2013, die Sitzungsniederschrift vom 21.08.2013 und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, denn sie ...