Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerähnliche Person. Rundfunk. Urlaubsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Tarifvertragsparteien können den Gesetzesbegriff der arbeitnehmerähnlichen Person (§ 12 a TVG) nicht verbindlich bestimmen.

2. Wer wegen einer Verdienstobergrenze tariflich nicht arbeitnehmerähnliche Person ist und keinen Urlaubsanspruch nach dem Tarifvertrag hat (hier: im Bereich der Rundfunkanstalten), kann daher den Mindesturlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz haben (§ 2 Satz 2 1. Halbsatz).

3. Bei der Bestimmung des Gesetzesbegriffs ist maßgebend auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Dabei kommt den Regelungen in den einschlägigen Tarifverträgen mit ihren – zum Teil unterschiedlichen – Verdienstobergrenzen für die soziale Schutzbedürftigkeit besondere Bedeutung zu.

 

Normenkette

TVG § 12a; BUrlG § 2 S. 2 1. Halbs

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 01.04.1997; Aktenzeichen 12 Ca 11566/94)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 01.04.1997 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 12 Ca 11566/94 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die Jahre 1992 bis 1994 Urlaubsentgelt zu zahlen.

Die Klägerin, Mitglied der IG Medien, ist für die beklagte Rundfunkanstalt als Moderatorin und Autorin auf der Basis freier Mitarbeit tätig. Die Beschäftigung erfolgt auf der Grundlage einzelner für die jeweilige Produktion befristet abgeschlossener Mitwirkendenverträge. Bis zum 01.01.1995 moderierte sie das Morgenmagazin auf WDR 2. Seit dem 01.01.1995 moderiert sie eine Vormittagssendung auf WDR 5 und liefert als Autorin regelmäßig Beiträge für die Sendung Zeitzeichen auf WDR 2. Ferner ist sie für den Beklagten als Moderatorin der Sendungen Fensterplatz und Kalenderblätter sowie als Autorin einzelner Hörfunk- und Fernsehbeiträge tätig. Die Klägerin unterliegt keiner ständigen Dienstbereitschaft. Sie ist nicht verpflichtet, sich bei dem Beklagten abzumelden oder sich außerhalb der erforderlichen Besprechungen sowie den Sendeterminen im Hause des Senders aufzuhalten. Eine Telnahmepflicht an den Programmkonferenzen besteht nicht.

In den Jahren 1977 bis 1985 erhielt die Klägerin Urlaubsentgelt nach dem hauseigenen Urlaubstarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen, wobei sie den im Hause des Beklagten üblichen Antragsvordruck der Honorar- und Lizenzabteilung (heute: Hauptabteilung Personal) verwendete. In der Folgezeit bis 1991 zahlte der Beklagte Urlaubsentgelt unter Freiwilligkeitsvorbehalt auf der Grundlage von Einzelverträgen. Seit 1992 gewährte der Beklagte keine Urlaubsvergütung mehr an die Klägerin, weil sie aufgrund ihrer Honorareinkünfte nicht mehr unter den Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen fällt. Dieser Tarifvertrag beschränkt den Anwendungsbereich auf die freien Mitarbeiter, die wirtschaftlich abhängig und sozial schutzbedürftig im Sinne des § 12 a TVG sind. Zur sozialen Schutzbedürftigkeit heißt es in der seit 01.01.1979 geltenden Fassung des Tarifvertrages:

„Die soziale Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters ist gegeben, wenn er in dem Erwerbszeitraum von sechs Monaten mindestens an 42 Tagen (einschließlich Urlaubstage) für den WDR oder auch für andere ARD-Anstalten aufgrund vertraglicher Verpflichtungen tätig war und seine Vergütung in diesem Zeitraum nicht mehr als 60.000,– DM betragen haben”.

Die Klägerin erzielte beim Beklagten in der Zeit von 1992 bis 1994 Jahreshonorareinkünfte in folgender Höhe:

1992:

205.467,74 DM

1993:

222.603,51 DM

1994:

203.981,08 DM.

Seit 1993 stellte die Klägerin keinen Antrag mehr auf Zahlung von Urlaubsentgelt.

Mit ihrer dem Beklagten am 16.01.1995 zugestellten Klage hat die Klägerin zunächst die Zahlung von Urlaubsentgelt für die Jahre 1992 und 1993 begehrt. Mit einem am 31.12.1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz, der dem Beklagten am 08.01.1997 zugegangen ist, hat sie die Klage auf Zahlung von Urlaubsentgelt für das Jahr 1994 erweitert.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie sei arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 2 BUrlG. Es unterliege nicht der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien, den Kreis der arbeitnehmerähnlichen Personen einzuengen. Ihr stehe daher der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz zu. In der Zeit vom 15.06. bis 26.06.1992, 11.07. bis 16.07.1992, 27.07. bis 30.07.1992, 19.04. bis 13.05.1993, 12.01. bis 03.02.1994 und 23.03. bis 25.03.1994 habe sie Urlaub in Abstimmung mit den für die Einsatzplanung zuständigen Redakteuren der Sendungen genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 46.639,08 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, sein Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen mit einer Honorargrenze von 60.000,– DM pro Halbjahr konkretisiere den gesetzlichen Begriff der Arbeitnehmerähnlichkeit. Aufgrund ihres Jahreseinkommens sei die Klägerin mit einem typischen Arbei...

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