Entscheidungsstichwort (Thema)
Beihilfeanspruch bei dauernder Anstaltsunterbringung. Vertrauensschutz
Leitsatz (amtlich)
Ist in einer arbeitsvertraglichen Gesamtzusage auf die „Beihilfegrundsätze” Bezug genommen, so führt die Änderung von § 40 Abs. 1 BMT-G – Ergänzung um den Satz „Aufwendungen” i S des § 9 sind beihilfefähig – dazu, daß der Arbeitnehmer bzw seine Hinterbliebenen einen entsprechenden Beihilfeanspruch nicht mehr haben. Ein Vertrauensschutz findet insofern nicht statt.
Normenkette
BMT-G § 40
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 22.04.1994; Aktenzeichen 18 Ca 5498/93) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 22.04.1994 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 18 Ca 5498/93 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Beihilfe zu den Kosten einer dauernden Heimunterbringung hat.
Die Klägerin ist am 25.04.1905 geboren. Sie war bis zum Jahr 1970 als Angestellte (Sozialarbeiterin) bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist pflegebedürftig und wird in einem Altenpflegeheim versorgt. Zu den bis zum 31.12.1992 angefallenen Pflegekosten gewährte die Beklagte Beihilfe; diese Leistungen hat sie ab 01.01.1993 eingestellt.
Den Beihilfeleistungen lag ein Beschluß des Rates der Stadt Köln vom 30.04.1964 zugrunde, der unter anderem folgenden Wortlaut hat:
Die Stadt Köln gewährt Beihilfen nach den Beihilfengrundsätzen weiterhin an
- ehemalige Angestellte und ehemalige Arbeiter, soweit sie Versorgungsbezüge aus der ZVK der Stadt Köln, nach den Bestimmungen der Ruhegeldordnung oder laufende Unterstützung von der Stadt erhalten,
- frühere Verwaltungsangehörige, die von der Versorgungsanstalt der Deutschen Bühnen und der Deutschen Kulturorchester in München versorgt werden,
- Hinterbliebenen der unter a) und b) bezeichneten Personen.
Durch Änderungstarifvertrag vom 24.04.1991 wurde der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter der Gemeinden (BMT-G) insofern geändert, als § 40 Abs. 1 um den Satz ergänzt wurde: „Aufwendungen im Sinne des § 9 der Beihilfevorschriften (Bund) sind nicht beihilfefähig” § 9 der Beihilfevorschrift des Bundes betrifft beihilfefähige Aufwendungen bei dauernder Anstaltsunterbringung und entspricht inhaltlich der Vorschrift des § 5 der Beihilfeverordnung Nordrhein-Westfalens (BVO NRW).
Am 24./29.09.1992 faßte der Rat der Stadt Köln folgenden Beschluß:
Die Stadt Köln gewährt Beihilfen entsprechend den für die aktiven Arbeitnehmer der Stadt Köln geltenden Rechtsvorschriften an
- ehemalige Angestellte und ehemalige Arbeiter, soweit sie Versorgungsbezüge aus der ZVK der Stadt Köln, nach den Bestimmungen der Ruhegeldordnung oder laufende Unterstützung von der Stadt Köln erhalten,
- frühere Verwaltungsangehörige, die von der Versorgungsanstalt der Deutschen Bühnen und der Deutschen Kulturorchester in München versorgt werden,
- Hinterbliebene der unter a) und b) bezeichneten Personen,
- wenn das den Versorgungsansprüchen zugrundeliegende Arbeitsverhältnis bis zum 28.04.1988 begründet wurde.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, ihr nach wie vor Beihilfe zu den Heimunterbringungskosten zu gewähren. Die Verweigerung des Beihilfeanspruchs verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Für die Zeit von Januar 1993 bis Mai 1993 hat die Klägerin den ihr ihrer Auffassung nach zustehenden Beihilfeanspruch errechnet und einen entsprechenden Zahlungsantrag als Klageantrag zu 1) geltend gemacht. Wegen der Berechnung ihres Anspruchs der Höhe nach wird auf Blatt 12 der Akten Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
1.) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von DM 9.590,00 nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
2.) festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Beihilfezahlungen ab 01.06.1993 für Heimunterbringung entsprechend der Vorschriften der Beihilfeverordnung NW (BVO) zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat erwidert: Aus dem Ratsbeschluß der beklagten Stadt vom 30.04.1964 ergebe sich, daß ehemalige Arbeitnehmer beihilfemäßig so zu stellen seien wie aktive Arbeitnehmer. Durch entsprechende tarifvertragliche Änderungen sei der Beihilfeanspruch für den Fall dauernder Anstaltsunterbringung für aktive Arbeitnehmer entfallen.
Das Arbeitsgericht Köln hat die Klage mit Urteil vom 22.04.1994 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Die Klägerin, der das arbeitsgerichtliche Urteil am 20.07.1994 zugestellt worden ist, hat am 17.08.1994 Berufung eingelegt, die sie am 16.09.1994 begründet hat.
Sie verfolgt im zweiten Rechtszug nur noch ihren Feststellungsantrag weiter und trägt vor: Die Beklagte habe sich in ihrem Ratsbeschluß vom 30.04.1964 nicht vorbehalten, den Beihilfeanspruch einseitig entfallen zu lassen. Soweit die Versorgungsansprüche in Gestalt des Beihilfeanspruchs in vollem Umfang erdient seien, seien sie auch besonders schutzwürdig.
Sie beantragt,
unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteil...