Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung. „sinnentleertes” Arbeitsverhältnis. Erwerbsunfähigkeitsrente. Wiedereinstellungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beispielsfall einer wirksamen außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung bei Dauererkrankung.

2. Zur Bedeutung der befristeten Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente für die Zukunftsprognose bei der krankheitsbedingten Kündigung.

 

Normenkette

BGB § 626; BAT §§ 54-55, 59

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 20.07.2006; Aktenzeichen 3 Ca 474/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.07.2006 in Sachen 3 Ca 474/06 wird einschließlich des in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrags zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin und Berufungsklägerin auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung mit sozialer Auslauffrist.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 20.07.2006 Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Klägerin am 08.08.2006 zugestellt. Sie hat hiergegen am 07.09.2006 Einspruch einlegen und diesen am 06.10.2006 begründen lassen.

Die Klägerin hält zunächst fest, dass sich aus ihrer Sicht an ihrem Gesundheitszustand derzeit nichts geändert habe. Aus den zwischenzeitlich ergangenen Rentenbescheiden, die ihr eine Erwerbsunfähigkeitsrente wegen voller Erwerbsminderung jeweils nur befristet zugebilligt hätten, ergäbe sich jedoch, dass es „aufgrund der medizinischen Untersuchungsbefunde wahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit behoben werden kann”. Bei diesem Sachverhalt sei es der Beklagten zumutbar abzuwarten, ob hinsichtlich der Bewilligung der Zeitrente ein Dauerzustand eintrete und damit eine unbefristete Rentenbewilligung erfolgen werde, oder ob die Zeitrente mit Ablauf des bisherigen Bewilligungszeitraumes ende. Im letzteren Fall stehe fest, dass die Klägerin nicht mehr erwerbsunfähig sei und damit wieder ihren Arbeitsplatz voll einnehmen könne.

Im Rahmen einer Interessenabwägung überwögen somit eindeutig ihre Interessen diejenigen der Beklagten. Dies gelte um so mehr, als sich die Arbeitgeberin des öffentlichen Dienstes einer besonderen sozialen Verantwortung zu stellen habe. Zu beachten sei auch, dass eine finanzielle Belastung durch die Aufrechterhaltung des Arbeitsplatzes nicht gegeben sei.

Außerdem folge nach Auffassung der Klägerin bereits aus § 59 BAT, dass auf solche Krankheiten, die zu einer Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit führten, eine krankheitsbedingte Kündigung nicht gestützt werden könne.

Hilfsweise macht die Klägerin einen Wiedereinstellungsanspruch geltend. Es habe sich insoweit im Laufe des Kündigungsschutzverfahrens eine Änderung der Sachlage ergeben, als nunmehr der befristete Erwerbsunfähigkeitsrentenbescheid erlassen worden sei. Wenn die Rente nicht mehr verlängert werde, stehe zugleich fest, dass sie, die Klägerin, wieder arbeitsfähig sei. Sie habe dann einen Anspruch auf Wiedereinstellung.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn, Az. 3 Ca 474/06, vom 20.07.2006 festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.06.2003 nicht beendet wird.

Hilfsweise beantragt die Klägerin und Berufungsklägerin,

die Beklagte zu verurteilen, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrages zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 01.03.1979 als Bürokraft anzunehmen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und tritt der Berufungsbegründung insbesondere mit Rechtsgründen entgegen.

Während des laufenden Berufungsverfahrens ist der Klägerin erneut eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden, und zwar befristet für die Zeit vom 01.02.2007 bis zum 31.01.2009 (vgl. Bl. 118/118 RdA.).

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.07.2006 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 c) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Klägerin konnte jedoch keinen Erfolg haben. Die außerordentliche krankheitsbedingte arbeitgeberseitige Kündigung vom 25.06.2003, die die Beklagte mit einer sozialen Auslauffrist bis zum 31.12.2003 entsprechend §§ 54, 55 BAT versehen hat, erweist sich als rechtsbeständig. Das Arbeitsgericht hat die von der Klägerin erhobene Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen. An die zutreffenden Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils kann d...

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