Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzungsklausel. Inhaltskontrolle. Änderungsschutz
Leitsatz (amtlich)
Eine Versetzungsklausel, die erheblich von dem Grundgedanken des arbeitsrechtlichen Inhaltsschutzes nach Maßgabe des § 2 KSchG abweicht (hier: Zuweisungsmöglichkeit einer anderen als der vertraglich vereinbarten Tätigkeit), benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist daher nach § 307 BGB unwirksam.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 2; KSchG §§ 1-2
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 14.09.2007; Aktenzeichen 2 Ca 7885/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.09.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 2 Ca 7885/06 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 15.09.2006 und restliche Vergütungsansprüche aus dem ursprünglich befristeten Arbeitsverhältnis bis zum 24.01.2007. Von der erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat der auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und auf Zahlung von rechnerisch unstreitiger 10.377,24 EUR nebst Zinsen gerichteten Klage mit Urteil vom 14.09.2007 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger könne eine Arbeitsverweigerung wegen der Nichtaufnahme der ihm mit Schreiben vom 22.08.2006 zugewiesenen Arbeit eines Produktionshelfers im Schichtbetrieb nicht vorgeworfen werden, weil die Zuweisung einer geringerwertigen Tätigkeit auch nicht durch den Änderungsvorbehalt in der Nr. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages gedeckt sei. Diese Klausel sei gemäß §§ 305 ff. BGB unwirksam, weil sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige. Der Lohnanspruch des Klägers für die Zeit bis zum 24.01.2007 ergebe sich aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs nach § 615 BGB.
Mit ihrer Berufung beantragt die Beklagte,
das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Köln abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Ergebnis zutreffend stattgegeben. Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung führen zu keiner anderen Beurteilung. Im Einzelnen gilt Folgendes:
a) Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.09.2006 (Kopie Bl. 10 d. A.) ist mangels wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam. Dem Kläger kann eine beharrliche Arbeitsverweigerung nicht vorgeworfen werden, weil er arbeitsvertraglich nicht verpflichtet war, die ihm ab dem 28.08.2006 zugewiesene Arbeit im Presswerk als Produktionshelfer im Schichtdienst aufzunehmen.
Gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 23.01.2006 (Kopie Bl. 5 d. A.) war der Kläger vom 25.01.2006 bis zum 24.01.2007 als Werkzeugmechaniker zeitbefristet nach § 14 Abs. 2 TzBfG eingestellt. In Nr. 1 Abs. 2 hieß es weiter:
„Soweit betrieblich erforderlich, kann er auch in anderen Betriebsabteilungen mit anderen Tätigkeiten beschäftigt werden.”
Auf diese weitgehende Versetzungsklausel kann sich die Beklagte nicht berufen, und zwar unabhängig davon, ob die neu zugewiesene Tätigkeit gleichwertig oder dem Kläger jedenfalls bei gleich bleibender Vergütung nicht unzumutbar gewesen ist.
Der Änderungsvorbehalt in Nr. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages hält einer Inhaltskontrolle nach Maßstab der §§ 305 ff. BGB nicht stand. Die dort vorgesehene Erweiterung des Direktionsrechts benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 307 BGB, weil nicht gewährleistet ist, dass die Zuweisung eine mindestens gleichwertige Tätigkeit zum Gegenstand haben muss (BAG vom 09.05.2006 – 9 AZR 424/05 – NZA 2007, 145). Das Berufungsgericht folgt der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls aus Gründen der Rechtssicherheit.
Nach der vorformulierten Vertragsklausel soll der Arbeitgeber hier berechtigt sein, die Art der vertraglich vereinbarten Tätigkeit als Werkzeugmechaniker zu ändern. Damit hat sich der Arbeitgeber das Recht vorbehalten, in den Inhalt des Arbeitsvertrages einzugreifen, ohne dass die in § 1 Abs. 2 S. 1 bis 3, Abs. 3 S. 1 und § 2 KSchG vorausgesetzten Bedingungen für eine soziale Rechtfertigung der Änderung vorliegen. Zwar ist als Voraussetzung für die Änderung in Nr. 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages die betriebliche Erforderlichkeit der Änderung aufgeführt. Darin liegt aber kein dem Änderungsschutz angenäherter Schutz vor willkürlicher einseitiger Veränderung...