Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung (KSchG). Auflösungsantrag des Arbeitgebers. Kündigungsgründe als Auflösungsgrund?

 

Leitsatz (amtlich)

Der Auflösungsantrag eines Arbeitgebers, der zum wiederholten Male ohne soziale Rechtfertigung betriebsbedingt gekündigt hat, kann nicht ohne weiteres mit Verhaltens- oder Leistungsmängeln begründet werden, die keine Kündigung zur Folge hatten. Entsprechendes gilt für den behaupteten Grund einer verhaltens- oder leistungsbedingten fristlosen Kündigung im Laufe des Rechtsstreits, welche noch Gegenstand einer gesonderten Kündigungsschutzklage ist.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2-3, § 9 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 14.08.1996; Aktenzeichen 20 Ca 10593/94)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.08.1996 – 20 Ca 10593/94 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Streitwert: 110.000,00 DM.

 

Gründe

Von einer Darstellung des Tatbestandes (§ 313 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. Der Sach- und Streitstand ist aus dem angefochtenen Urteil und den beiderseitigen Schriftsätzen des Berufungsverfahrens ersichtlich.

Die an sich statthafte und auch im übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache erfolglos.

Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Kündigungsschutzklage gegen die seitens der Beklagten erklärten Kündigungen vom 25.11.1995 und vom 13.12.1995 stattgegeben, unter Abweisung des Auflösungsantrages der Beklagten diese verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen nach dem Ablauf der Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen und an den Kläger 82.500,00 DM brutto nebst Zinsen zu zahlen. In allen Punkten war das angefochtenen Urteil zu bestätigen.

Auf die Frage, ob die angefochtenen Kündigungen wegen einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam sind, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Beide Kündigungen sind vielmehr sozial ungerechtfertigt, und der Kläger hat dies mit der vorliegenden Klage fristgerecht geltend gemacht (§§ 1, 4 KSchG). Das Fehlen der sozialen Rechtfertigung der Kündigungen hat das angefochtene Urteil zu Recht erkannt und auch mit zutreffenden Erwägungen begründet; hierauf nimmt das Berufungsgericht gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug. Die Hinweise der Berufung können nicht zu einer anders lautenden Beurteilung führen: Die Kündigung vom 25.11.1995 ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Nicht die Unmöglichkeit, in der Kölner Niederlassung zwei Montageleiter zu beschäftigen, ist das Problem, auf dem die Kündigung beruhen könnte. Kündigungsgrund ist vielmehr allein die Entscheidung der Beklagten, ohne Rücksicht auf den Ausgang des mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil vom 18.11.1994 erstinstanzlich entschiedenen früheren Kündigungsschutzprozesses jedenfalls den auf dem Dienstposten des Klägers beschäftigten Mitarbeiter an diesem Arbeitsplatz zu belassen. Die auch damals seitens des Arbeitsgerichts ausgeurteilte Weiterbeschäftigung des Klägers konnte nicht auf diese Weise durch eine neue Kündigung umgangen werden, wenn es nicht für diese Maßnahme andere Gründe gegeben hat als die Unwirksamkeit einer vorangegangenen sozial ungerechtfertigten Kündigung. Die Ausführungen der Berufungsbegründung zu Fragen der Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten (§ ? Abs. 3 KSchG) können auf sich beruhen, weil ein betriebsbedingter Kündigungsgrund nicht festzustellen ist.

Auch die weitere Kündigung vom 13.12.1994 (sogenannte Druckkündigung) ist unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens als sozial ungerechtfertigt anzusehen. Auch mit dem Hinweis, daß es um die Auseinandersetzung mit Leistungsmängeln des Klägers gegangen sei und um ein verantwortungsbewußtes Verhalten der Mitarbeiter aus der Niederlassung Köln, schafft da keine Änderung. Es bleibt die Frage unbeantwortet, wer in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten das Direktionsrecht ausübt und wem das Kündigungsrecht des Arbeitgebers zusteht. Wenn es leistungs- oder verhaltensbedingt ausreichende Gründe für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung gegenüber dem Kläger gegeben hat, dann mußte die Beklagte unter Berücksichtigung ihrer Darlegungs- und Beweislast gemäß § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG von ihren damit begründeten gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch machen. Die Beklagte hat auch mit ihrem Berufungsvorbringen nicht vorgetragen, daß sie die Mitarbeiter H und S aufgefordert hätte, entsprechend dem gerichtlich festgestellten Ergebnis des Kündigungsschutzprozesses die Zusammenarbeit mit dem Kläger aufzunehmen. Sie hat sich vielmehr nach eigenem Vorbringen lediglich vergewissert, ob die Beschwerden dieser Mitarbeiter berechtigt wären. Damit allein können die im ersten Urteil genannten Gesichtspunkte, die gegen die Wirksamkeit einer Druckkündigung sprechen, nicht ausgeräumt werden. Die Beklagte hat auch nicht substantiiert dargestellt, welcher schwerwiegende wirtschaftliche Schaden mit einer tatsächlichen Weiterbeschäftigung des Klägers im Z...

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