Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung einer gesetzlichen Rente auf eine Versorgungsanwartschaft. feste Altersgrenze

 

Leitsatz (amtlich)

Ist bei der Berechnung einer Versorgungsanwartschaft eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen, so muß aus den im Zeitpunkt des Ausscheidens (Insolvenzfall) maßgebenden Tatsachen die voraussichtlich mögliche Rente ermittelt werden. Enthält die Versorgungsordnung eine feste Altersgrenze (hier: 63. Lebensjahr), dann ist der gesetzliche Rentenanspruch auf diesen Zeitpunkt hochzurechnen, auch wenn der Arbeitnehmer später tatsächlich länger gearbeitet hat und dadurch einen höheren Anspruch auf gesetzliche Rente erworben hat.

 

Normenkette

BetrAVG § 2 I, § 2 V, § 7 II

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 16.09.1997; Aktenzeichen 17 Ca 11865/96)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.09.1997 – 17 Ca 11865/96 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des dem Kläger zustehenden betrieblichen Ruhegeldes. Erstinstanzlichen haben die Parteien über zwei Streitpunkte gestritten: zum einen darüber, in welcher Höhe eine vom Kläger bezogene Sozialversicherungsrente auf den betrieblichen Ruhegeldanspruch anzurechnen sei, zum anderen darüber, ob die Leistungen des Beklagten gemäß § 4 Abs. 2 a der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Insolvenzsicherung um einen 12%igen Zuschlag zu erhöhen seien. Nachdem das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben hat, wendet sich der Beklagte zweitinstanzlich nicht mehr gegen seine Verurteilung zur Zahlung des 12%igen Zuschlags. Streitig ist nurmehr, ob der Beklagte berechtigt ist, das dem Kläger gezahlte Ruhegeld um einen Differenzbetrag zu mindern, der auf einer teilweisen Anrechnung von Rentensteigerungen beruht, die der Kläger nach Vollendung des 63. Lebensjahres aus Arbeitgeberbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung erfahren hat.

Der Kläger ist am 05.09.1929 geboren. Er war ab dem 01.04.1957 bei der Eisenwerkgesellschaft M mbH (M) beschäftigt. Aufgrund einer angerechneten Vordienstzeit wurde er behandelt, als sei er bereits am 31.03.1955 eingetreten. Nach der Ruhegeldordnung der M (Bl. 13 ff d.A.), geändert durch Vorstandsbeschluß vom 23.12.1976 (Bl. 21 d.A.) hat der Kläger Anspruch auf betriebliche Altersversorgung. In § 6 RGO heißt es auszugsweise:

㤠6

1. Ruhegeld wird beim Ausscheiden des Angestellten aus dem Dienst bei der Gesellschaft in folgenden Fällen gezahlt:…

b) nach Vollendung des 63. Lebensjahres, bei weiblichen Angestellten nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Schwerbehinderte Angestellte können das Altersruhegeld nach Vollendung des 62. Lebensjahres in Anspruch nehmen.”

In dieser Regelung sehen beide Parteien eine „feste Altersgrenze” mit Vollendung des 63. Lebensjahres im Sinne des § 2 Abs. 1 BetrVG.

Nach § 7 der Ruhegehaltsordnung bestimmt sich die Höhe des Ruhegeldes für jede Versorgungsgruppe nach jährlich festgelegten Höchstbeträgen.

Gem. § 9 der Ruhegehaltsordnung werden bestimmte anderweitige Bezüge angerechnet. Dazu heißt es in § 9 Nr. 4 u.a.:

㤠9

4. Die gesetzliche Rentenversicherung oder eine an deren Stelle getretene Lebensversicherung werden mit dem Anteil auf die Leistungen der Ruhegehaltsordnung angerechnet, der den dafür geleisteten Arbeitgeberbeiträgen entspricht.”

Am 16.04.1987 wurde über das Vermögen der M das Konkursverfahren eröffnet. Aufgrund dessen ist der Beklagte für einen Teil der Versorgungsrechte des Klägers einstandspflichtig. Der Kläger war bis 1990 bei der M beschäftigt, im unmittelbaren Anschluß daran bei der N M GmbH. Mit Vollendung des 65. Lebensjahres schied der Kläger aus deren Diensten aus. Der Beklagte erteilte dem Kläger am 05.12.1989 einen Anwartschaftsausweis, nach dem die Arbeitgeberanteile gemäß § 9 Abs. 4 RGO für die Zeit bis zum Endalter 63 (Bl. 8 d.A.) unter Beibehaltung der Bemessungsgrundlagen, die zum Zeitpunkt der Insolvenz galten, auf 717,30 DM (vor ratierlicher Kürzung) hochgerechnet waren. Nachdem der Kläger erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der N M GmbH ausgeschieden war, berechnete der Beklagte in seinem Leistungsbescheid (Bl. 9 ff d.A.) die Arbeitgeberanteile gemäß § 9 Abs. 4 RGO für die Zeit vor Vollendung des 65. Lebensjahres auf 801,30 DM hoch, dieses wiederum unter Beibehaltung der Bemessungsgrundlagen, die zum Zeitpunkt der Insolvenz galten. Unter Anwendung des zwischen den Parteien unstreitigen Zeitwertfaktors ergibt dieser Differenzbetrag (84,–DM) einen Betrag von 71,92 DM. Erhöht um den – in zweiter Instanz nicht mehr umstrittenen – 12%igen Zuschlag gemäß § 4 Abs. 2 a AIB folgt daraus ein Betrag von 80,54 DM, der der Differenz zwischen dem erstinstanzlich titulierten Erhöhungsbetrag des vom Beklagten zu zahlenden monatlichen Ruhegeldes und der vom Beklagten in der Berufung zugestandenen monatlichen Erhöhung von 305,52 DM entspricht. Die Parteien streiten allein darum,...

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