Rechtsmittel zugelassen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch der Pächter kann einen Betrieb stillegen (wie BAG, Urteil vom 27.04.1995 – 8 AZR 197/94 –, EzA BGB § 613 a Nr. 126).

2. Für die Annahme, der Pächter habe die Absicht gehabt, den Betrieb stillzulegen, reicht es nicht aus, wenn der Pächter eines Autohauses keinerlei Verbindlichkeiten mehr erfüllt und die Kündigung des Händlervertrages durch den Autolieferanten tatenlos hingenommen hat.

3. Der Verpächter tritt auch dann in die im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtverhältnisses zwischen dem Pächter und den Arbeitnehmern bestehenden Arbeitsverhältnisse ein, wenn der Pächter den Betrieb wirtschaftlich zugrunde gerichtet hat und sich der Verpächter deshalb im Zeitpunkt des Rückfalls des Pachtobjektes zur Stillegung des Betriebes entschließt.

 

Normenkette

BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 18.10.1996; Aktenzeichen 18 Ca 6770/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.03.1999; Aktenzeichen 8 AZR 161/98)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.10.1996 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 18 Ca 6770/96 – abgeändert:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien erst mit dem 30.09.1996 beendet wurde.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.277,86 DM brutto abzüglich 4.206,00 DM Arbeitslosengeld zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und um Lohnansprüche.

Die Beklagte hat bis Ende 1984 in B ladbach einen Handel mit Kraftfahrzeugen und eine Reparaturwerkstatt betrieben. Mit Pachtvertrag vom 20.12.1984 verpachtete der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten den Betrieb mit Wirkung ab 02.01.1985 an den Kaufmann A M. Der Pachtvertrag enthielt u. a. folgende Regelungen:

„…

5. Der Pächter übernimmt das vorhandene Personal und tritt in die mit den Mitarbeitern geschlossenen Verträge ein.

8. Der Pächter verpflichtet sich, den übernommenen Betrieb im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen, mindestens im jetzigen Umfange, aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft fortzuführen.

9. Bei Beendigung des Pachtvertrages ist der Pächter verpflichtet, den Betrieb mit allen dann bestehenden Verträgen, wie sie vorstehend übernommen wurden, sowie mit dem Kundenstamm und allen nicht bilanzierten Vermögenswerten einschließlich des Goodwills unentgeltlich auf den Verpächter zurückzuübertragen.

11. Für den Fall, daß zum Zeitpunkt der Rückgabe die zuzuordnende Verpflichtungen des Pächters den Wert der zurückzuübertragenden Vermögenswerte übersteigen, bleibt der Verpächter zur Rücknahme zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet.”

Der Kläger war ab Dezember 1986 als Lagerist bei der Firma M tätig. Zuletzt verdiente er 3.652,00 DM brutto im Monat.

Am 21.04.1996 kündigte die Firma N den Händlervertrag gegenüber dem Pächter M fristlos auf. Mit Schreiben vom 20.06.1996 kündigte die Beklagte den Pachtvertrag außerordentlich zum 29.06.1996, weil der Pächter mit drei aufeinanderfolgenden Pachtraten in Rückstand geraten war. Mit Schreiben vom 28.06.1996 teilte die Beklagte Herrn M überdies mit, sie verweigere unter Bezugnahme auf Ziffer 11 des Pachtvertrages die Rücknahme des Lagers und auch der Mitarbeiter, weil infolge der Mißwirtschaft während der Pachtzeit die Firma illiquide und überschuldet geworden und eine Fortführung des Betriebes nicht möglich sei; im übrigen bleibe es dabei, daß die Räumlichkeiten am 29.06.1996 geräumt herauszugeben seien. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 33 der Akten verwiesen. Am 29.06.1996 übergab der Pächter M die Betriebsräume mit dem darin befindlichen Inventar an die Beklagte. Auf das Übergabeprotokoll, Blatt 119 ff. der Akten, wird verwiesen. Noch in den Tagen nach dem 25.06.1996 hat der Pächter M Reparaturaufträge von mindestens vier Kunden angenommen, die ihre Fahrzeuge zwischen dem 01. und 05.07.1996 zurückerhalten sollten (Bl. 114 ff. d. A.). Ob diese Reparaturaufträge ausgeführt wurden, konnte nicht geklärt werden.

Der Kläger bot der Beklagten seine Arbeitskraft mit Schreiben vom 26.06.1996 zum 01.07.1996 an (Bl. 4 d. A.). Die Beklagte nahm die Arbeitsleistung nicht an. Sie verschloß mit Wirkung ab 01.07.1996 die Betriebsräume und lehnte die Übernahme des Klägers mit Schreiben vom 05.07.1996 ausdrücklich ab. Vorsorglich kündigte sie aus betriebsbedingten Gründen, weil eine Fortführung der Firma wirtschaftlich nicht möglich sei. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Blatt 5 der Akten verwiesen.

Die Beklagte führte das Unternehmen nicht weiter. Der Geschäftsführer der Beklagten setzte die Räumlichkeiten in Stand. Mit Inserat vom 26.06.1996 bot er die Vermietung des Autohauses im Bergischen Handelsblatt an. Zum Abschluß eines Vertrages kam es zunächst nicht. Erst ab März oder April 1997 konnte die Beklagte die Betriebsräume vermieten. Dort werden jetzt Mercedes Fahrzeuge verkauft, gewartet und repariert.

Der Kläger, der für di...

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