Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Betriebsvereinbarung. Jahressonderzahlung. Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Fordert eine Betriebsvereinbarung als Voraussetzung für eine Jahressonderzahlung die Existenz eines „unbefristeten Arbeitsverhältnisses, das nicht durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag zum Zeitpunkt der Auszahlung begrenzt ist,” so schließt sie den Anspruch eines vor Fälligkeit gekündigten Arbeitnehmers auch dann aus, wenn die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich die Kündigungsfrist auf eine gesetzlich oder sonstwie nicht vorgesehene Länge erweitern (hier: um ein Jahr).
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 15.01.2002; Aktenzeichen 4 Ca 10866/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.01.2002 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 4 Ca 10866/01 – abgeändert:
Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien – nämlich das beklagte als GmbH betriebene Unternehmen der Automobil Industrie und der von ihm seit Anfang 1989 bis Dezember 2000 als Leiter der Kundendienst-Technik beschäftigte, am 28.01.1940 geborene Kläger – streiten um eine Jahressonderzahlung für 1999. Sie stammt aus einer Betriebsvereinbarung vom 30.07.1999 (Bl. 87 f.), die folgende Voraussetzung aufstellt: „Es besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, das nicht durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag zum Zeitpunkt der Auszahlung begrenzt ist” (Zf. 1.). Die Auszahlung sollte „im Rahmen der Gehaltsabrechnung für den Monat Januar 2000 erfolgen” (Z f. 4.). Im Jahre 1999 sprach die Beklagte verschiedene Kündigungen aus – u. a. eine außerordentliche mit Schreiben vom 27.09.1999 mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.1999. Den vom Kläger hiergegen geführten Rechtsstreit (18 Ca 5333/99 – Arbeitsgericht Köln = 3 Sa 896/00 – LAG Köln) beendeten die Parteien in II. Instanz durch einen am 08.11.2000 geschlossenen Vergleich, dessen Ziffer 1. lautet: „Das Arbeitsverhältnis endet aufgrund der Kündigung vom 27.07.1999 aus betrieblichen Gründen (Wegfall des Arbeitsplatzes) mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2000. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt der Kläger unwiderruflich (…) freigestellt …”. Im Gegensatz zur Beklagten meint der Kläger, vor diesem Hintergrund Anspruch auf die Jahressonderzahlung für 1999 zu haben. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klage abweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Jahressonderzahlung aus der Betriebsvereinbarung vom 30.07.1999. Die von dieser aufgestellten Anspruchsvoraussetzungen liegen nicht vor:
Es bestand zwischen den Parteien kein „Arbeitsverhältnis, das nicht durch Kündigung (…) zum Zeitpunkt der Auszahlung begrenzt” war. „Zum Zeitpunkt der Auszahlung durch Kündigung begrenzt” ist ein Arbeitsverhältnis, für das zum Zeitpunkt der Auszahlung bereits eine Kündigung ausgesprochen war, die für einen Zeitpunkt nach der Auszahlung auch zu dessen Beendigung geführt hat, das also durch den noch andauernden Lauf der Kündigungsfrist „begrenzt” war. So liegt es hier: Zur Zeit der Auszahlung war die Kündigung mit Schreiben vom 27.09.1999 schon ausgesprochen. Diese führte auch zu einem Zeitpunkt nach der Auszahlung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses – nämlich zum 31.12.2000. Dies steht fest, weil die Parteien dies vereinbart haben – nämlich mit Vergleich vom 08.11.2000, in dem es heißt: „Das Arbeitsverhältnis endet aufgrund der Kündigung vom 27.07.1999 (…)”. Der Text ist ohne Mehrdeutigkeiten, Unklarheiten oder Auslassungen und von daher einer „Auslegung” überhaupt nicht zugänglich.
Zu Unrecht meint der Kläger, eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2000 durch die betroffene Kündigung könne schon „denklogisch” nicht erfolgen, sondern nur durch eine Vereinbarung, die alsdann zu einer Befristung führe. Er übersieht, daß gegen die einvernehmliche Verlängerung einer Kündigungsfrist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt irgendwelche Bedenken bestehen. Sie unterliegt der Vertragsfreiheit. Durch sie ist vorliegend auch keine Befristung entstanden, weil die Parteien dies weder gesagt noch gewollt haben; gesagt und gewollt haben sie, daß das Arbeitsverhältnis „aufgrund der Kündigung vom 27.07.1999” endet.
Zu Unrecht meint der Kläger auch, durch den Vergleich werde nicht festgestellt, ob die Kündigung wirksam sei. Die Parteien haben die Wirksamkeit der Kündigung vereinbart – damit ist sie wirksam, ebenso als hätte der Kläger eine Kündigungsschutzklage gar nicht erhoben oder sie zurückgenommen: § 7 KSchG. Kann der Kläger die Kündigung durch Untätigkeit oder Klagerücknahme wirksam werden lassen, kann er dies auch durch Zustimmung erreichen.
Falsch ist die Ansicht des Klägers, die in der Betriebsvereinbarung aufgestellte Bedingung für den Bezug der Jahressonderzahlung – nämlich ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis – sei unzulässig, da sie eine Vergütung für erbrachte Leistung darstelle. Die Betriebspar...