Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine verbindliche Obergrenze für Zuschläge aufgrund von Tarifvertragsauslegung. Wirksamkeit von Ausschlussfristen bei schuldhafter Nichteinhaltung durch Arbeitnehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Verfallklausel ist nicht teleologisch auszulegen, wenn der Arbeitnehmer es selbst in der Hand hat, die Ausschlussfristen einzuhalten.

2. Es gilt keine verbindliche Obergrenze für Zahlung von Zuschlägen im Tarifvertrag.

 

Normenkette

TVG § 4; ZPO § 97 Abs. 1; MTV II § 12; GG Art. 9 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Entscheidung vom 13.02.2020; Aktenzeichen 4 Ca 3111/19)

 

Tenor

Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 13.02.2020 - 4 Ca 3111/19 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 92 % und der Beklagten zu 8 % auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Begrenzung von Zuschlägen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit.

Die Klägerin ist bei der Beklagten, die an drei Standorten Spielbanken betreibt, seit dem 01.05.1980 als Croupier, zuletzt in Teilzeit (75 %). Der Arbeitsvertrag vom 12.12.1984 enthält in § 6 Abs. 2 eine dynamische tarifvertragliche Bezugnahmeklausel. Wegen der Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf Bl. 11 ff. d. A. verwiesen.

Seit Ende der 80er Jahre bestanden bei der Beklagten Haustarifverträge. Im Jahre 2012 erfolgte eine Neuordnung des Vergütungssystems. Die Klägerin nahm im Dezember 2012 das Angebot der Beklagten auf Überleitung in die Tarifregelungen für sog. Neubeschäftigte an. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30.09.2013 mit, dass sie seit dem 01.01.2013 in der Tarifgruppe 5/13. Berufsjahr eingruppiert sei (Bl. 78 d. A.). Die Höhe des Tarifgehalts beträgt hiernach für eine Vollzeitbeschäftigte 3.492,00 € brutto, für die Klägerin in Teilzeit 2.754,00 € brutto pro Monat. Die Vergütung der Klägerin ist am 10. des Folgemonats fällig.

Bei Beklagten erfolgt im Allgemeinen die Dienstplanung nach einem rollierenden System (Roulement). Die Arbeitnehmer werden einer Dienstplan-Spur zugeordnet und über diese Spuren regelmäßig wechselnd zu Früh- und Spätdiensten sowie zu Wochentags- und Sonntagsarbeit eingeteilt. Dadurch kommt es über einen Zeitraum von 6 Wochen zu einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeitszeit. Am A Standort werden 124 Mitarbeiter beschäftigt, von denen neben der Klägerin vier weitere Mitarbeiter nicht am Roulement teilnehmen. Die Klägerin wird regelmäßig montags, mittwochs und sonntags von 17:00 Uhr bis 02:00 Uhr eingesetzt.

Mit Wirkung vom 01.01.1996 findet bei der Beklagten der Zuschlagstarifvertrag (ZTV) vom 01.02.1996 Anwendung, der u.a. in § 3 Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit vorsieht. Wegen der weiteren Einzelheiten des ZTV wird auf Bl. 89 R ff. d. A. verwiesen. Im Zuge der Neuordnung des Tarifwerks im Jahre 2012 hat die Beklagte jeweils am 15.05.2013 drei weitere Tarifverträge geschlossen. Dabei handelt es sich um den Manteltarifvertrag II (MTV II), den Entgeltrahmentarifvertrag für die festvergüteten Arbeitnehmer/innen der W GmbH & Co. KG in der Spieltechnik und in der Kasse (ERTV) sowie den Entgelttarifvertrag für die festvergüteten Arbeitnehmer/innen der W GmbH & Co. KG in der Spieltechnik und in der Kasse (ETV).

Der MTV II enthält in § 12 eine Ausschlussklausel, wonach alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und alle Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen sind. Nach Ablehnung durch die Beklagte sind die Ansprüche innerhalb von drei weiteren Monaten gerichtlich geltend zu machen. Werden diese Fristen nicht eingehalten, so sind die Ansprüche nach der tarifvertraglichen Regelung verfallen.

Die Vorschrift des § 2 ERTV lautet:

"§ 2

Tarifentgelt

1. Das max. monatliche Tarifentgelt ist im jeweils gültigen Entgelttarifvertrag festgelegt.

2. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten die im Entgelttarifvertrag festgelegten monatlichen Tarifentgelte anteilmäßig entsprechend der von Ihnen geleisteten Arbeitszeit im Verhältnis zu der regelmäßigen Arbeitszeit.

3. Das max. monatliche Tarifentgelt ist Berechnungsgrundlage für die Mehrarbeitsvergütung und sonstige zusätzliche finanzielle Leistungen, soweit sie sich auf das max. monatliche Tarifentgelt beziehen."

Der § 3 ETV listet tabellarisch im Einzelnen das Tarifentgelt der Tarifgruppen nebst Steigerung aufgrund der Beschäftigungsjahre auf. Unterhalb der Tabellen heißt es:

"Das maximale Gesamtgehalt gemäß der oben stehenden Tabelle teilt sich auf in ein Grundgehalt (77 %) und einem maximalen Zuschlagsgehalt (23 %) bei ≫ 30 % Schichtarbeit.

x 12 Gehälter"

Wegen der weiteren Einzelheiten von MTV II, ERTV und ETV wird auf Bl. 78 R ff. d. A. Bezug genommen.

Die Beklagte hat in den monatlichen Abrechnungen u.a. die ins Verdienen gebrachten Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ausgewiesen....

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