Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Festlegung der Zielvorgabe in einem Bonusprogramm. Rechtsfolgen des Ablaufs der Zielperiode
Leitsatz (amtlich)
1. Die einseitige Zielvorgabe unterliegt als Leistungsbestimmung der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB.
2. Unterbleibt eine Zielvorgabe, ist die Leistungsbestimmung grundsätzlich durch Urteil vorzunehmen.
3. Ist die Zielperiode abgelaufen, kann eine Festlegung der Ziele nicht mehr erfolgen und der Arbeitnehmer kann nach den gleichen Grundsätzen Schadensersatz verlangen, wie diese bei der unterbliebenen Zielvereinbarung nach abgelaufener Zielperiode anerkannt ist (vgl. BAG, 12.12.2007 - 10 AZR 97/07).
Normenkette
BGB § 275 Abs. 3, § 280 Abs. 3, § 315 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 09.03.2017; Aktenzeichen 14 Ca 6297/15) |
Tenor
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Klön vom 09.03.2017 - 14 Ca 6297/15 - teilweise abgeändert und der Tenor des Urteils zu Ziffer 2.) wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 9.166,66 brutto zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. (*1)
- Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 60 %, die Beklagte 40 %.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Bonuszahlungen aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
Die Beklagte ist die in Deutschland für den Vertrieb der LED-Produkte ihrer chinesischen Muttergesellschaft an ausschließlich gewerbliche Kunden verantwortlich. Der Kläger war bei der Beklagten vom 01.04.2012 bis zum 30.11.2015 als Key Account Manager beschäftigt. Er erzielte zuletzt ein monatliches Gehalt in Höhe von 4.166,67 € brutto.
Im Anstellungsvertrag vom 05.01.2012 ist in § 5 Abs. 3 Folgendes geregelt:
"Dem Arbeitnehmer wird die Teilnahme an einem Bonusprogramm gewährt, in dessen Rahmen der Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Zielerreichungsbonusses von 10.000,00 € hat. Die Einzelheiten des Bonusprogramms werden dem Arbeitnehmer bei Beginn seiner Teilnahme an dem Programm schriftlich mitgeteilt. Es liegt im alleinigen Ermessen der Gesellschaft, das Bonusprogramm von Zeit zu Zeit zu ändern. Die Auszahlung des Bonus erfolgt spätestens am 15. März des auf das Geschäftsjahr der Gesellschaft folgenden Jahres. Das Geschäftsjahr der Gesellschaft ist das Kalenderjahr.
Ein Bonus wird für das jeweilige Jahr weder pro rata noch vollständig gezahlt, falls der Arbeitnehmer in dem entsprechenden Kalenderjahr (das heißt bis einschließlich 31. Dezember) das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund kündigt oder wenn die Gesellschaft das Arbeitsverhältnis außerordentlich oder verhaltensbedingt kündigt. In allen anderen Fällen wird ein möglicherweise bestehender Bonusanspruch anteilig für die Zeit des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in Bezug auf das jeweilige Bonusjahr gezahlt."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf Blatt 58 ff. der Akte Bezug genommen.
Anfang eines jeden Jahres hielt die Beklagte Meetings ab, an denen auch die Gesellschafter und Geschäftsführer der chinesischen Muttergesellschaft teilnahmen und in denen die Umsatzzahlen der Außendienstmitarbeiter sowohl für das vergangene als auch für das kommende Jahr präsentiert wurden. Dabei ist zwischen den Parteien streitig, ob es sich bei den Zahlen für das kommende Jahr um verbindliche Vorgaben oder um für die angereisten Gesellschafter kommunizierte "Idealziele" handelte.
Schriftliche Zielvorgaben wurden dem Kläger für die Jahre 2012 bis 2014 nicht vorgelegt. Anfang des Jahres 2015 legte die Beklagte dem Kläger ein "Key Account Manager Bonus Agreement of Year 2015" vor, das der Kläger nicht unterzeichnete. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 7 der Akte Bezug genommen. Bis auf einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € für das Jahr 2013 erhielt der Kläger während seines Arbeitsverhältnisses keine Bonuszahlungen.
Neben dem Kläger waren zwei weitere Vertriebsmitarbeiter bei der Beklagten tätig. Im Jahr 2013 erzielte Herr H bei einer Zielvorgabe von zwei Mio. € und einem erreichten Umsatz von 299.963,00 € einen Bonus in Höhe von 10.000,00 €. Im Jahr 2014 erhielt Herr H bei einem Umsatz von 1,2 Mio. € einen Bonus in Höhe von 15.000,00 € und im Jahr 2015 bei einem Umsatz von 629.302,00 € einen Bonus in Höhe von 12.000,00 € brutto. Herr S erhielt bei einem Umsatz von 42.000,00 € einen Bonus in Höhe von 5.000,00 €.
Mit Schreiben vom 24.08.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30.11.2015. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit am 28.08.2015 beim Arbeitsgericht eingegangener Kündigungsschutzklage gewandt. Darüber hinaus hat der Kläger die Beklagte auf verschiedene Zahlungen, unter anderem die im Berufungsverfahren noch gegenständlichen Bonuszahlungen, in Anspruch genommen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er - unter Anrechnung der erhaltenen Zahlung in Höhe von 5.000,00 € - Anspruch auf den vollen Bonus habe. In den Jahren 2012 bis 2014 sei mit ihm gar keine Zielvereinbarung getroffen wo...