Rechtsmittel zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Beschäftigungsförderungsgesetz. Verlängerung. Unterbrechung
Leitsatz (amtlich)
1) Die „V erlängerung” i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 2 BeschFG eines nach § 1 Abs. 1 BeschFG befristeten Vertrages muss nicht zweingend noch während der Vertragsdauer des ursprünglichen Vertrages zustande kommen, sondern kann auch noch unverzüglich nach Vertragsende rückwirkend vereinbart werden. Dafür, ob die „Verlängerung” eines vorangegangenen Vertrages oder der Abschluss eines neuen Vertrages gewollt war, ist maßgeblich auf den erkennbar gewordenen Parteiwillen abzustellen.
2) Von einer „Verlängerung” i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 2 BeschFG kann jedoch in der Regel dann nicht mehr gesprochen werden, wenn zwischen dem Ende des vorangegangenen und dem Beginn des folgenden Vertrages eine zeitliche Unterbrechung vorgesehen ist.
Normenkette
BeschFG § 1
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 19.05.1998; Aktenzeichen 1 Ca 367/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 19.05.1998 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Arbeitsvertragsbefristung, bzw. einen Wiedereinstellungsanspruch der Klägerin.
Die 24-jährige Klägerin, die verheiratet ist und am 05.03.1998 ein Kind geboren hat, war zunächst in der Zeit vom 23.10.1995 bis zum 10.08.1996 aufgrund von insgesamt 5 befristeten Arbeitsverträgen bei der Beklagten anfangs in Erkelenz, später in Wassenberg als Postzustellerin beschäftigt. Sie war in Lohngruppe 4 des Tarifvertrages für die Arbeiter bei der Deutschen Post AG eingruppiert und erzielte einen Verdienst in Höhe von ca. DM 3.500,00 brutto monatlich. In den Verträgen waren jeweils als sachlicher Grund für die Befristung Vertretungsaufgaben angeführt, in den letzten 3 Verträgen die Krankenvertretung eines Mitarbeiters namens Kofferschläger.
Vom 11.08. bis 24.11.1996 war die Klägerin nicht bei der Beklagten beschäftigt. Am 26.11.1996 schlossen die Parteien erneut einen befristeten Arbeitsvertrag für die Tätigkeit als Postzustellerin, diesmal unter Berufung auf § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz, neue Fassung. Als Vertragslaufzeit war der Zeitraum vom 25.11.1996 bis „voraussichtlich” 11.01.1997 angegeben. Nachdem die Klägerin auch am Montag, dem 13.01. und Dienstag, den 14.01.1997 weiter ihrer Tätigkeit nachgegangen war, legten die Parteien mit einem sogenannten „Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages” vom 26.11.1996 am 15.01.1997 das voraussichtliche Vertragsende auf den 29.03.1997 fest. Mit weiteren Änderungsverträgen vom 27.03.1997, bzw. 27.06.1997 wurde die Vertragslaufzeit bis zum 30.06.1997 und schließlich bis zum 31.01.1998 verlängert. Bei Abschluß des letzten Vertrages am 27.06.1997 war die Klägerin bereits schwanger, ohne daß beiden Parteien dies jedoch damals schon bekannt gewesen wäre. Den Abschluß weiterer Verlängerungsverträge oder die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis lehnte die Beklagte in der Folgezeit ab.
Mit der vorliegenden, am 28.01.1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht die Klägerin in erster Linie die Unwirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.01.1998 geltend. Hilfsweise begehrt sie den Abschluß eines unbefristeten Arbeitsvertrages zu unveränderten Bedingungen mit Wirkung ab 01.02.1998. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Dies sei bereits für die Zeit ab dem 10.08.1996 der Fall gewesen; denn schon für die letzte Zweckbefristung für die Zeit bis 10.08.1996 habe kein sachlicher Grund mehr vorgelegen, da bereits bei Abschluß der letzten entsprechenden Befristungsverlängerung festgestanden habe, daß der zu vertretende Mitarbeiter Kofferschläger nicht mehr in das Arbeitsverhältnis zurückkehren, sondern in Rente gehen werde.
Folglich sei es auch nicht zulässig gewesen, am 26.11.1996 erneut einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, diesmal unter Berufung auf das Beschäftigungsförderungsgesetz. Gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 BeschFG sei nämlich eine Vertragsbefristung nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang bestehe. Weiterhin hat die Klägerin behauptet, sie sei über den 31.01.1998 hinaus nur deshalb nicht in ein unbefristetes Arbeitsvertragsverhältnis übernommen worden, obwohl sie sich in ihrer Arbeit bewährt habe, weil sie schwanger gewesen sei. Hierin liege eine mittelbare Frauendiskriminierung.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 31.01.1998 beendet ist, sondern unbefristet fortbesteht;
- hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, mit Wirkung vom 01.02.1998 mit der Klägerin einen unbefristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, vollbeschäftigt mit der jeweils geltenden regelmäßigen Arbeitszei...