Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweis auf Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe. Einstweilige Verfügung auf Entgeltzahlung. Prüfung materielle Rechtslage
Leitsatz (amtlich)
Einstweilige Verfügung auf Entgeltzahlung
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Feststellung, ob eine einstweilige Verfügung "zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint" (§ 940 ZPO) hat eine Interessenabwägung stattzufinden. Dabei kann es nicht ohne jegliche Berücksichtigung der materiellen Rechtslage allein darauf ankommen, welcher Partei die größeren Nachteile erwachsen würden.
Normenkette
ZPO §§ 940, 850c; BGB § 394
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 20.01.2014; Aktenzeichen 8 Ga 7/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 20.01.2014- 8 Ga 7/14 - abgeändert:
Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger auf seinen Entgeltanspruch für den Monat Dezember 2013 einen Betrag von 1.300,00 € und auf seinen Entgeltanspruch für den Monat Januar 2014 einen Betrag von 700,00 € zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in dem einstweiligen Verfügungsverfahren darüber, ob die Verfügungsbeklagte verpflichtet ist, dem Verfügungskläger für Dezember 2013 ein Nettoentgelt von 1.300,00 € und für die erste Hälfte des Januar 2014 ein Nettoentgelt von 700,00 € zu zahlen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag durch Beschluss abgewiesen. Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde verfolgt der Verfügungskläger sein Begehren weiter. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat er beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 20.01.2014- 8 Ga 7/14 - abzuändern und die Verfügungsbeklagte zu verurteilen,
1.
an den Verfügungskläger für den Monat Dezember 2013 1.300,00 € netto zu zahlen;
2.
an den Verfügungskläger für den Monat Januar 2014 700,00 € netto zu zahlen.
Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 69Abs. 2 ArbGG abgesehen. Weitere Feststellungen werden in den Entscheidungsgründen getroffen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Verfügungsklägers hat in der Sache Erfolg.
I. Der Verfügungsanspruch besteht.
1. Es ist zunächst unstreitig, dass der Verfügungskläger im Dezember 2013 und im Januar 2014 bis zum 15.01.2014 gearbeitet hat.
Für den Monat Dezember 2013 hat die Verfügungsbeklagte auch eine Lohnabrechnung erteilt (Bl. 5/6 d. A.). Daraus folgt ein gesetzlicher Nettolohn von 1.584,92 € für diesen Monat. Aus der Abrechnung ergibt sich ferner ein Betrag von 102,00 € als Verpflegungsmehraufwendung. Davon wurden laut Abrechnung als "Überweisung Pfändung/A" 55,83 € an die Stadtkasse H abgezogen sowie ebenfalls unter demselben Stichwort 184,73 € an den Landkreis V -G , insgesamt ein Betrag von 240,56 €.
Für Dezember 2013 ist dem Verfügungskläger nichts ausgezahlt worden.
Auf Nachfrage beim Betriebsleiter der Verfügungsbeklagten wurde dem Verfügungskläger mitgeteilt, es werde auch für Januar 2014 nichts ausgezahlt.
Da für Januar ersichtlich keine Abrechnung existiert, ist davon auszugehen, dass dem Verfügungskläger für die Zeit bis zum 15.01.2014 ein entsprechender anteiliger Betrag zusteht. Gegen die dementsprechende Berechnung von 700,00 € netto für den Antrag für den Monat Januar 2014 hat die Beklagte in ihrer Beschwerdeerwiderung als solches auch nichts eingewendet.
2. Die Verfügungsbeklagte beruft sich in der Beschwerdeerwiderung gegenüber den Ansprüchen des Klägers materiell darauf, dass ihr aufgrund eines Schuldanerkenntnisses des Verfügungsklägers vom 09.08.2013 ein Betrag von 5.938,04 € zustehe. Das Schuldanerkenntnis wurde vom Verfügungskläger angefochten.
Ausweislich des Inhalts des Schuldanerkenntnisses (Bl. 51 d. A.) liegt ein abstraktes Schuldanerkenntnis vor. Dieses ist ausdrücklich formuliert ("Das Schuldanerkenntnis erfolgt in der Weise, dass die Verpflichtung unter Verzicht auf Einreden und Einwendungen selbständig begründet wird."). Das Schuldanerkenntnis nimmt auch nicht auf eine zugrundeliegende Forderung Bezug.
a) Die Existenz des Schuldanerkenntnisses ist als solche keine erhebliche Einwendung gegen die Klageansprüche. Soweit darin Entgeltteile abgetreten werden, erfolgt dieses ausdrücklich "unter Berücksichtigung der Lohnpfändungsfreigrenzen". Diese werden von den Anträgen des Verfügungsklägers nicht überschritten - wie noch zu zeigen sein wird.
b) Die Verfügungsbeklagte hat nicht vorgetragen, in der Vergangenheit aufgerechnet zu haben, noch hat sie eine prozessuale Aufrechnungserklärung abgegeben.
Doch auch wenn eine Aufrechnung unterstellt wird, so ist diese jedenfalls insoweit unwirksam, als die Forderung des Verfügungsklägers der Pfändung nicht unterworfen ist (§ 394 BGB). Gleiches würde für ein Zurückbehaltungsrecht gelten (vgl. statt vieler Palandt/Grüneberg § 394 BGB Rn. 1), dessen Ausübung als Einrede indes ebenso wenig vorgetragen od...