Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierungsfeststellungsklage. Bestimmung des Arbeitsvorganges

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Eingruppierungsfeststellungsklage ist auch im privaten Arbeitsbereich allgemein üblich und begegnet keinen prozessrechtlichen Bedenken.

2. Allein das Arbeitsergebnis ist maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorganges.

3. Wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten können bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden.

 

Normenkette

AVR Anhang B; AVR Anhang D

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 16.08.2018; Aktenzeichen 1 Ca 825/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.11.2020; Aktenzeichen 6 AZR 331/19)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 16.08.2018 - 1 Ca 825/18 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab Februar 2017 Vergütung nach Entgeltgruppe P 8, Fallgruppe 2, Stufe 6 der Anlage 32 - Anhang D in Verbindung mit Anhang B AVR C zu zahlen.

Die Klägerin ist examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und seit dem 15.09.2003 im von dem Beklagten betriebenen ambulanten Pflegedienst als Pflegefachkraft in der Kranken- und Altenpflege beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des D C (AVR) in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung.

Der Beklagte unterhält neun ambulante Pflegestationen im Rhein-Sieg-Kreis. Die Klägerin ist in der Pflegestation K eingesetzt. Vom 30.01. bis 23.06.2006 nahm sie mit Erfolg an einer Weiterbildung zur Praxisanleitung in der Pflege teil, die 240 Stunden theoretische und fachpraktische Inhalte einschließlich praktischer Umsetzung in der jeweiligen Einrichtung der Altenhilfe oder der Krankenversorgung umfasst hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Klägerin überreichte Ausbildungsordnung verwiesen.

Der Beklagte setzt die Klägerin seitdem in der Pflegestation K als Praxisanleiterin ein. In dieser Station ist sie die einzige Pflegekraft, die über diese Qualifikation verfügt.

Zu den Aufgaben der Klägerin gehört regelmäßig die Betreuung einer Vielzahl von Auszubildenden. Dazu gehören die Auszubildenden des Beklagten, sogenannte Interne und die sehr viel zahlreicheren Auszubildenden anderer Träger, sogenannte Externe oder Praktikanten. Bei den sogenannten Externen handelt es sich um Auszubildende von Krankenhäusern und Pflegeheimen, die die nach dem Ausbildungsplan erforderlichen Außeneinsätze nicht anbieten können. Die Klägerin ist zuständig für die fachliche Anleitung und Kontrolle der Auszubildenden. Sie ist Ansprechpartnerin für die Schulen des/der Auszubildenden, hält Verbindung zu den Lehrern und bereitet die internen Auszubildenden auf die Zwischenprüfungen und/oder Staatsexamen vor. Die fachpraktische Ausbildung erfolgt dadurch, dass die Auszubildenden zu den Patienten mitgenommen werden. Dabei lernen sie die einzelnen Pflegetätigkeiten kennen und werden angeleitet, Pflegemaßnahmen selbst durchzuführen. Die Klägerin teilt ein, welche Pflegekraft welche Auszubildende auf die Touren mitnimmt. Der überwiegende Teil der Auszubildenden werden von der Klägerin mitgenommen. Auf die Aufstellung der Beklagten (Anlage RSW 11) wird verwiesen.

Der Beklagte hat seit 2013 für die Klägerin zwei Stellenbeschreibungen erstellt:

Nach der Stellenbeschreibung vom 18.08.2013 (StB-Nr: 2-01-04M00) übt die Klägerin die Tätigkeit einer "Pflegekraft ambulant Gesundheits- und Krankenpflegerin/Altenpflegerin" aus. Dabei macht die Tätigkeit 1 " Planen und Durchführen der ambulanten Pflege..." einen Zeitanteil von 70 % und die Tätigkeit 3 "Fachliche Anleitung und Kontrolle der zugeordneten Mitarbeiterinnen wie Kranken- bzw. Altenpflegerinnen, Pflegehelferinnen, Auszubildenden und Praktikanten" einen Zeitanteil von 10 % ihrer Arbeitszeit aus. Die Kurzdarstellung dieses Arbeitsgebiets lautet:

Die Pflegekraft ist zuständig für die fachliche Anleitung und Kontrolle der durch den Vorgesetzten zugeordneten Mitarbeiterinnen aus dem Bereich der ambulanten Pflege gem. den bestehenden Pflege- und Expertenstandards. Weiterführende Vorgaben vom Vorgesetzten dazu erfolgen nicht.

Arbeitsschritt 1 Anleiten bzw. Kontrollieren der sach- und fachgerechten Durchführung grundpflegerischer Maßnahmen im Rahmen der Pflegevisite (sog. Standardpflegevisite) und Erteilung entsprechender Arbeitsanweisungen zur Behebung von Fehlern

Arbeitsschritt 2 Anleiten bzw. Kontrollieren der sach- und fachgerechten Durchführung behandlungspflegerischer Maßnahmen von Kranken- bzw. Altenpflegehelferin, Auszubildenden und Praktikanten in der pflegerischen Fachausbildung im Rahmen der Pflegevisite (sog. Standardpflegevisite) und Erteilen entsprechender Arbeitsanweisungen zur Behebung von Fehlern

Arbeitsschritt 3 Fachliche Anleitung, Begleitung und Kontrolle von Auszubildenden und Praktikanten bei der Ausführung grundpflegerischer Ma...

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