Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung. Masseverbindlichkeit
Leitsatz (amtlich)
Abfindungsforderungen, die auf einem vor Insolvenzeröffnung abgeschlossenen Tarifvertrag beruhen und durch eine Kündigung des Insolvenzverwalters ausgelöst werden, sind keine Masseforderungen i. S. vom § 55 Abs. 1 InsO
Normenkette
InsO § 55
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 22.09.2004; Aktenzeichen 4 Ca 395/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.09.2004 – 4 Ca 395/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin war seit dem 01.04.1997 bei der Insolvenzschuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin als Mediengestalterin zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt insgesamt 3.011,59 EUR durchschnittlich beschäftigt. Über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin wurde am 01.01.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet, der Beklagte zu 1) wurde zum Insolvenzverwalter bestimmt.
Im Betrieb der Insolvenzschuldnerin galt der Tarifvertrag für die Arbeit der Bundesdruckerei GmbH (TV Arb BDr) in dessen Anlage 2 zu § 31 und der § 8 „Abfindung” vereinbart worden war, dass Arbeiter, die infolge einer Rationalisierungsmaßnahme auf Veranlassung der Bundesdruckerei im gegenseitigen Einvernehmen oder aufgrund einer Kündigung durch die Bundesdruckerei aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, eine Abfindung erhalten, die bei einer Betriebszugehörigkeit von …
…mehr als 7 Jahren das Vierfache
…des zuletzt vor dem Ausscheiden zustehenden Lohnes beträgt (vgl. Bl. 130, 130R GA).
Zum 01.01.2004 wurde der Betrieb der Insolvenzschuldnerin aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) von der Beklagten zu 2) übernommen, wobei das Erwerberkonzept vorsah, dass 40 der 80 Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden sollten. In einem Interessenausgleich wurde das Erwerberkonzept der Beklagten zu 2) dargelegt, ferner sind darin Namenslisten enthalten, aus diesen ergibt sich, dass die Klägerin nicht von der Beklagten weiterbeschäftigt wird. Ferner wurde ein Sozialplan abgeschlossen, der im Rahmen des § 123 InsO Abfindungen für die zu kündigenden Arbeitnehmer vorsieht. Der Klägerin wurde vom Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 29.03.2004 zum 30.06.2004 unter Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und Fortzahlung der Vergütung gekündigt.
Die Klägerin hat sich mit der im April bei Gericht eingegangenen Klage zunächst gegen die Kündigung gewendet, Weiterbeschäftigung und Wiedereinstellung begehrt und restliche Vergütungszahlungen eingeklagt. Ferner hat sie die Auffassung vertreten, dass ihr für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung eine Abfindung in Höhe des vierfachen Grundlohnes entsprechend den im Betrieb der Insolvenzschuldnerin geltenden Tarifvertrag als Masseverbindlichkeit zusteht. Der Abfindungsanspruch sei durch Kündigung des Beklagten zu 1), mithin durch eine Handlung des Insolvenzverwalters im Sinne des § 55 InsO begründet worden.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der klägerischen Partei durch die schriftliche Kündigung der beklagten Partei zu Ziff. 1 vom 29.03.2004, zugegangen am 30.03.2004, zum 30.06.2004 nicht aufgelöst worden ist;
- festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der beklagten Partei zu Ziff. 2 zu den bisherigen Arbeitsbedingungen ein Arbeitsverhältnis besteht;
- die beklagte Partei zu Ziff. 2 zu verurteilen, die klägerische Partei zu den bisherige Arbeitsbedingungen als Mediengestalterin weiterzubeschäftigen;
- hilfsweise die beklagte Partei zu Ziff. 2 zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Mediengestalterin zum 01.05.2004 wieder einzustellen und zu beschäftigen und in den Abschluss eines Arbeitsvertrages zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses zum Beklagten zu Ziff. 1 einzuwilligen;
- die beklagte Partei zu Ziff. 1 zu verurteilen, an die Klägerin 45,70 EUR (brutto) zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2004 zu zahlen;
- die beklagte Partei zu Ziff. 1 zu verurteilen, an die Klägerin 82,02 EUR (brutto) zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2003 zu zahlen;
- die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin insgesamt 325,17 EUR (brutto) zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 108,39 EUR seit dem 01.06.2003 sowie zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 108,39 EUR seit dem 01.07.2003 zu zahlen;
- hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge zu 1, 3 und 4 den Beklagten zu Ziff. 1 zu verurteilen, an die Klägerin 1.416,96 EUR (brutto) zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2004 zu zahlen;
- hilfsweise für den Fall der Abweisung der Anträge 1, 3 und 4 den Beklagten zu Ziff. 1 zu verurteilen, an die Klägerin als Abfindung ohne die Beschränkung des § 123 InsO als Masseschuld einen Betrag von 4 × 2.833,96 EUR (brutto) zzgl. 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2004 zu zahlen.
Die Beklagt...