Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche eines außertariflichen Angestellten auf Anpassung seines Gehalts
Leitsatz (amtlich)
Zum tariflichen Abstandsgebot nach § 1 Ziffer 3 c) ERA für einen AT-Angestellten.
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird der Arbeitsvertrag als "Anstellungsvertrag AT" bezeichnet und gehört der betreffende Arbeitnehmer nach der ausdrücklichen Regelung im Arbeitsvertrag zum Kreis der außertariflichen Angestellten, so ist hierdurch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass dem betreffenden Arbeitnehmer verbindlich und konstitutiv die Rechtsstellung eines AT-Angestellten übertragen werden soll.
2. Im Geltungsbereich der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen einschließlich des Entgeltrahmenabkommens (ERA) bedeutet dies, dass das in § 1 Nr. 2c Abs. 2 ERA geregelte tarifliche Abstandsgebot Anwendung findet.
Normenkette
ERA § 1 Nr. 3 Buchst. c
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Entscheidung vom 23.07.2015; Aktenzeichen 8 Ca 479/15 d) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 23.07.2015 - 8 Ca 479/15 d - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger als außertariflicher Angestellter einen Anspruch auf Gehaltsanpassung aufgrund einer tarifvertraglichen Abstandsklausel hat.
Der Kläger ist seit dem 01.03.1982 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Beide Parteien sind tarifgebunden. Im Betrieb der Beklagten finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen, einschließlich des Entgeltrahmenabkommens (ERA) Anwendung.§ 1 (Geltungsbereich) ERA lautet auszugsweise:
"Dieses Entgeltrahmenabkommen gilt:
...
3. persönlich: Für die Beschäftigten, (gewerbliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie Angestellte), die Mitglied der IG-Metall sind.
Nicht unter den persönlichen Geltungsbereich fallen:
a) Mitglieder gesetzlicher Organe von juristischen Personen sowie Beschäftigte mit Prokura,
b) Beschäftigte mit Arbeitsaufgaben, deren Einstufung gemäß § 3 eine Punktzahl von mehr als 170 Punkten ergibt,
c) Beschäftigte mit Arbeitsaufgaben, deren Einstufung gemäß § 3 eine Punktzahl von mindestens 155 bis 170 Punkten ergibt, wenn ihre Beschäftigung im Arbeitsvertrag als außertariflich bezeichnet ist.
In Fällen b) und c) müssen die geldwerten materiellen Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von bis zu 40 Stunden in einer Gesamtschau diejenigen der höchsten tariflichen Entgeltgruppe regelmäßig überschreiten (nicht berücksichtigt werden über 40 Stunden hinaus gehende Arbeitsstunden/Mehrarbeitsstunden).
...
§ 3 Punktbewertungsverfahren
- 1.
Grundlage der Einstufung einer Arbeitsaufgabe sind folgende Anforderungsmerkmale:
1. Können (Arbeitskenntnisse sowie Fachkenntnisse und Berufserfahrungen)
2. Handlungs- und Entscheidungsspielraum
- 3.
Kooperation
- 4.
Mitarbeiterführung.
...
- 2.
Es werden 14 Entgeltgruppen gebildet und diesen Gesamtpunktspannen wie folgt zugeordnet.
Entgeltgruppe (EG) Gesamtpunktspanne
...
14 143 - 170"
In dem zuletzt zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 10.06.2014 (" Anstellungsvertrag (AT)") heißt es u.a.:
1. Vertragsbeginn/Tätigkeit
...
b. Der Arbeitnehmer ist tätig als Manufacturing Engineer und wird mit allen einschlägigen Arbeiten nach näherer Anweisung der Betriebsleitung und seiner Vorgesetzten beschäftigt. Er gehört zum Kreis der außertariflichen Angestellten.
...
2. Vergütung
a. Der Arbeitnehmer erhält als Vergütung ein festes Jahresgrundentgelt, welches ihm in zwölf gleichen Monatsbeträgen ausgezahlt wird.
Jahresgrundentgelt Euro 75.960,-- brutto p.a.
b. Die Auszahlung der Bezüge erfolgt bargeldlos. Mit ihr sind sämtliche Gratifikationen wie beispielsweise Urlaubs- oder Weihnachtsgeld - gleich aus welchem Rechtsgrund hierauf ein Anspruch erwächst - vollständig abgegolten. Ein Anspruch auf Leistungen aus Tarifverträgen (Schichtzulagen, Erstattung Kontoführungskosten etc.) besteht nicht.
c. Soweit N über in diesem Arbeitsvertrag geregelte Leistungen hinaus noch weitere Sonderzahlungen, Gratifikationen oder ähnliche Zuwendungen gewährt, handelt es sich um freiwillige Leistungen. Dies bedeutet, dass auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch darauf besteht. Hiervon ausgenommen sind Regelungsinhalte gültiger Betriebsvereinbarungen.
...
3. Arbeitszeit
a. Die Arbeitszeit richtet sich nach der jeweiligen betrieblichen Regelung sowie nach den betrieblichen Erfordernissen. Sie beträgt derzeit 40 Stunden pro Woche.
...
12.Kündigungsfrist, Beendigung
a. Das Arbeitsverhältnis kann beiderseits mit einer Frist von 3 Monaten zum Quartalsende gekündigt werden. Jede gesetzliche Verlängerung der Kündigungsfrist zu Gunsten des Arbeitnehmers gilt auch zu Gunsten des Arbeitgebers, maßgebend ist die Betriebszugehörigkeit."
Die Beklagte bewertete die Arbeitsaufgabe des Manufacturing Engineer 2014 - für den Kläger und mindestens 8 weitere Mitarbeiter - mit 155 Punkten im Sinne ...