Rechtsmittel zugelassen
Leitsatz (amtlich)
Eine Betriebsvereinbarung, die eine bessere Abfindungsregelung enthält als eine zuvor ausgelaufene, braucht nicht auf die bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmer ausgedehnt zu werden.
Normenkette
BetrVG § 75
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 01.03.1996; Aktenzeichen 4 Ca 3498/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 01.03.1996 – 4 Ca 3498/95 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Streitwert: unverändert.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, geboren am 24.06.1942, war ab 01.03.1965 Angestellter der Beklagten, einem Großunternehmen für Informationssysteme mit Sitz in Stuttgart, zuletzt in deren Bonner Betrieb als „Chefberater” (Betreuer des öffentlichen Dienstes) im sogenannten gleitenden Ruhestand gemäß Vertrag vom 22./26.03.1994 (Bl. 16 d.A.).
Unter dem 10.02.1995 hat die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, wonach die Beklagte den gleitenden Ruheständlern ein Angebot zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (bis spätestens 31.12.1995)machen konnte gegen Zahlung einer bestimmten Abfindung.
Unter dem 20.03.1995 hat die Beklagte dem Kläger demgemäß das Angebot gemacht, das Arbeitsverhältnis zum 30.06.1995 zu beenden gegen Zahlung einer Abfindung von 341.810 DM (Bl. 25 d.A.). Der Kläger hat das Angebot angenommen und ist am 30.06.1995 ausgeschieden (Auflösungsvereinbarung vom 22./28.03.1995 Bl. 26 d.A.).
Unter dem 03.11.1995 hat die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat eine „Protokollnotiz” zur Betriebsvereinbarung vom 10.02.1995 vereinbart. Danach sollten gleitende Ruheständler ein Angebot zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten können bei Zahlung einer bestimmten Abfindung zuzüglich eines bestimmen Bonus, wenn die Annahme des Abfindungsangebots durch den Mitarbeiter unwiderruflich bis zum 15.12.1995 erfolgt und der Mitarbeiter bis zum 31. Dezember 1995 ausscheidet (Bl. 91 d.A.).
Der Kläger macht geltend, diese Regelung hätte aufgrund von § 75 BetrVG und des Gebots zur Gleichbehandlung auch auf bereits ausgeschiedenen Mitarbeiter wie ihn erstreckt werden müssen; er hätte dann 100.000 DM mehr erhalten.
Der Kläger hat demgemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 100.000 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, der Betriebsvereinbarung vom 03.11.1995 habe eine andere Betriebsänderung zugrunde gelegen, nämlich ein weiterer Personalabbau, dessen Notwendigkeit zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung vom 10.02.1995 für die Beklagte noch nicht voraussehbar gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, der Kläger hiergegen Berufung eingelegt, mit der er seinen Klageantrag weiterverfolgt. Seine Begründung ergibt sich aus seinen Schriftsätzen vom 20.06. und 12.09.1996, die Erwiderung der Beklagten aus deren Schriftsätzen vom 24.07. und 09.10.1996.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingereicht und begründet worden. Diesbezüglichen Feststellungen des Gerichts ergeben sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 30.10.1996.
II. Die Berufung ist nicht begründet. Der Anspruch des Kläger besteht rechtlich nicht.
1. Er ergibt sich auch nicht aus § 75 BetrVG und dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der ein Unterfall dieser Bestimmung ist. Danach ist es dem Arbeitgeber verwehrt, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen oder sie schlechter zu stellen; bei freiwilligen Leistungen muß der Arbeitgeber die Voraussetzungen so abgrenzen, daß nicht sachwidrig oder willkürlich ein Teil der Arbeitnehmer von den Vergünstigungen ausgeschlossen wird, BAG Urteil vom 30.11.1994 – 10 AZR 578/93 – und vom 08.03.1995 – 10 AZR 208/94 –.
Daß die Abfindungs- und Bonusregelungen der Protokollnotiz vom 03.11.1995 eine „Behandlung” im Sinne von § 75 BetrVG und eine „allgemein begünstigende Regelung” im Sinne des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes waren, kann unterstellt werden. Jedenfalls lag ein sachlicher Grund vor, diese Regelungen nicht auch auf die bereits ausgeschiedenen Mitarbeiter auszudehnen. Mit der Betriebsvereinbarung vom 10.02.1995 hatte die Beklagte keine ausreichende Personalreduzierung erreicht. Es war daher sachgerecht, zu versuchen, eine weitere Personalreduzierung dadurch zu erreichen, daß den verbliebenen Mitarbeitern höhere Entschädigungsbeträge angeboten wurden. Daß damit die Hartnäckigkeit der verbliebenen gleitenden Ruheständler belohnt wurde, trifft zu, ist aber weder sachfremd noch sonst zu beanstanden.
2. Die Erklärung der Beklagten im Schreiben an den Kläger vom 25.10.1994, daß eine Verbesserung der Konditionen nicht zu erwarten sei, betrifft nur ihr Angebot zum vorgezogenen Ruhestand vom 25.10.1994 ...