Entscheidungsstichwort (Thema)
Besitzstandszulage
Leitsatz (amtlich)
Die Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA steht einem Arbeitnehmer nicht zu, wenn ihm im September 2005 wegen seiner Inanspruchnahme von Elternzeit kinderbezogene Anteile des Ortszuschlags tatsächlich nicht gewährt wurden.
Normenkette
TVÄ-VKA § 11
Verfahrensgang
ArbG Siegburg (Urteil vom 09.08.2006; Aktenzeichen 2 Ca 1669/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 09.08.2006 – 2 Ca 1669/06 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten der Klägerin den kinderbezogenen Ortszuschlag für zwei zu berücksichtigende Kinder in den Monaten Januar 2006 bis Juni 2006 zu bezahlen. Die Klägerin ist seit dem 01.05.1997 in Vollzeit bei der Beklagten beschäftigt und wird nach Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 3 der Anlage I a BAT vergütet. In der Zeit vom 05.03.2002 bis 14.01.2006 befand sich die Klägerin in Elternzeit. Seit dem 15.01.2006 wird sie befristet bis zum 06.01.2007 auf Teilzeitbasis weiterbeschäftigt.
Der TVöD, nach dem grundsätzlich keine familienbezogenen Entgeltbestandteile mehr gezahlt werden, regelt für die Übergangszeit in § 11 „Kinderbezogene Entgeltbestandteile” folgendes:
- Für im September 2005 zu berücksichtigende Kinder werden die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BAT/BAT-O… in der für September 2005 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt, solange für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommenssteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz ununterbrochen gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 des EStG oder des § 3 oder § 4 Bundeskindergeldgesetz gezahlt würde. …
Unterbrechungen wegen der Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres sind unschädlich, soweit die unschädliche Unterbrechung bereits im Monat September 2005 vorliegt, wird die Besitzstandszulage ab dem Zeitpunkt der Wiederauflebung der Kindergeldzahlung gewährt.
Gemäß § 11 Abs. 3 TVÜ-VKA gilt Absatz 1 entsprechend für zwischen dem 01.10.2005 und dem 31.12.2005 geborene Kinder der übergeleiteten Beschäftigten sowie für die Kinder von bis zum 31.12.2005 in ein Arbeitsverhältnis übernommenen Auszubildenden, Schülerinnen, Schüler in der Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und in der Entbindungspflege sowie Praktikantinnen und Praktikanten aus tarifvertraglich geregelten Beschäftigungsverhältnissen, soweit diese Kinder vor dem 01.01.2006 geboren sind.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe der kinderbezogene Ortzuschlag zu, auch wenn sie im September 2005 tatsächlich kein Entgelt bezogen habe. Eine andere Auslegung des Tarifvertrages würde gegen das Benachteiligungsgebot des § 612 a BGB sowie gegen den Schutz der Mutter aus Art. 6 IV GG verstoßen. Dementsprechend hat sie den kinderbezogenen Ortszuschlag nach § 29 Abschnitt B Abs. 2 Nr. 1 und 3 BAT in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 75,28 EUR pro Monat mit der am 16.06.2006 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage geltend gemacht und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 451,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-punkten über dem Basiszinssatz aus 75,28 EUR seit dem 01.02.2006, aus 75,28 EUR seit dem 01.03.2006, aus 75,28 EUR seit dem 01.04.2006, aus 75,28 EUR seit dem 01.05.2006 und aus 75,28 EUR seit dem 01.06.2006 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe die Besitzstandszulage nicht zu, da sie im September 2005 keinen Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil gehabt habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch ein am 09.08.2006 verkündetes Urteil stattgegeben, wegen der Begründung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Gegen das der Beklagten am 21.08.2006 zugestellte Urteil hat diese schriftlich beim LAG am 24.08.2006 Berufung eingelegt, die sie am 23.10.2006 – innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist – begründet hat: Entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung sei aus der Tarifregelung in § 11 Abs. 1 ein Anspruch der Klägerin nicht abzuleiten. Aus dem Wortlaut der Regelung ergebe sich eindeutig, dass ein Anspruch auf eine Besitzstandszulage nur gezahlt werde, wenn im September 2005 ein kinderbezogener Entgeltbestandteil gezahlt worden sei, was bei der Klägerin unstreitig nicht der Fall gewesen sei. Dementsprechend sei es unzutreffend, wenn das Arbeitsgericht an einen „hypothetischen Anspruch” anknüpfe. Diese Regelung verstoße auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da es keinen Vertrauensschutz gebe, dass Tarifänderungen sich stets verbessernd für die Beschäftigten auswirken müssten. Die Berufung auf die Tarifregelung, wonach die Tarifparteien für im September 2005 schwangere Beschäftigte, deren Kind nach dem 01.10.2005 aber vor dem 01.12.2005 geboren wird, einen Vertrauensschutz genießen, gehe im vorliegenden Fall s...