Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Festlegung der Arbeitszeit durch Dienstpläne. Eilantrag des Betriebsrats auf Unterlassung eine Zuweisung von Arbeitszeiten durch Dienstplan ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats. Rechtmäßiger Aushang von Dienstplanentwürfen mit der Kennzeichnung "nicht vom Betriebsrat zugestimmt" oder ähnlicher Kennzeichnung
Leitsatz (amtlich)
1. § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG verlangt eine durch Beschluss des Gremiums herbeigeführte Zustimmung des Betriebsrats zu jedem Dienstplan, mit dem der Arbeitgeber die Arbeitszeit der davon betroffenen Arbeitnehmer verbindlich festlegen will; davon kann allenfalls im Rahmen einer Betriebsvereinbarung, in der Grundsätze der Dienstplanung geregelt sind, in engen Grenzen abgewichen werden. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, dem Betriebsrat eine Frist zur Zustimmung zu setzten, bei deren Verstreichen er von einer Zustimmungsfiktion ausgeht. Aus dem bloßen Unterlassen einer Äußerung des Betriebsrats zu dem Dienstplanentwurf kann nicht auf eine (konkludente) Zustimmung geschlossen werden.
2. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin die Dienstpläne erst dann gegenüber der Belegschaft veröffentlicht, wenn die Zustimmung des Betriebsrats vorliegt. Der Betriebsrat hat es hinzunehmen, wenn die Arbeitgeberin Dienstplanentwürfe mit der Kennzeichnung ihres Entwurfscharakters oder mit der Kennzeichnung der noch fehlenden Zustimmung des Betriebsrats betriebsöffentlich aushängt. - Nimmt die Arbeitgeberin allerdings die Arbeitskraft ihrer Arbeitnehmer entsprechend dem ausgehängten Entwurf entgegen, ohne das inzwischen eine Zustimmung des Betriebsrats vorliegt oder diese durch die Einigungsstelle ersetzt wurde, verletzt sie damit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2; ZPO §§ 935, 940; BetrVG § 78
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 05.06.2015; Aktenzeichen 13 BVGa 2/15) |
Tenor
1. Unter Zurückweisung der Beschwerde wird die Unterlassungsverfügung des Arbeitsgerichts wie folgt neu formuliert:
Der beteiligten Arbeitgeberin wird bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben, es zu unterlassen, Arbeitszeiten per Dienstplan anzuweisen, sofern der beteiligte Betriebsrat diesem nicht zugestimmt hat oder die verweigerte Zustimmung durch die Einigungsstelle ersetzt ist.
2. Der weitergehende Unterlassungsantrag des Betriebsrates wird abgewiesen.
Gründe
I.
Der antragstellende Betriebsrat begehrt den Erlass einer Unterlassungsverfügung, weil er durch die Praxis der Dienstplangestaltung der beteiligten Arbeitgeberin sein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit als verletzt ansieht.
Der beteiligte Betriebsrat ist für die D.klinik im Ostseebad A-Stadt gebildet worden, die von der beteiligten Arbeitgeberin als eine von vielen Kliniken betrieben wird. Die Patienten der Klinik verweilen dort zur Durchführung von Reha-Maßnahmen.
In dem Klinikbetrieb mit knapp 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird die maßgebliche Arbeitszeit zumindest in den Bereichen der Ergo- und Sporttherapie, der Bäderabteilung, der Krankengymnastik, der Psychologen und im Bereich des Pflegedienstes durch bereichsbezogene Dienstpläne festgelegt. Allein im Bereich des Pflegedienstes sind von der Dienstplanung ungefähr 30 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen.
Die Arbeitszeiten in den genannten Bereichen werden mit unterschiedlichen Vorlaufzeiten durch bereichsbezogene Dienstpläne verbindlich festgelegt. Für den Pflegedienst erfolgt die Festlegung der Arbeitszeiten durch monatliche Dienstpläne, die im Idealfall rund 20 Kalendertage vor dem Einsatzmonat verbindlich werden sollen. In den anderen erwähnten Bereichen wurden die Wochen-Dienstpläne, die die Arbeitszeiten verbindlich festlegen sollen, bisher jeweils in der Vorwoche zur Einsatzwoche erstellt.
Zu dem Verfahren der Beteiligung des Betriebsrats bei der Arbeitszeitgestaltung gibt es bisher keine Betriebsvereinbarung und auch keine Regelungsabrede.
Im Bereich des Pflegedienstes wurde dem Betriebsrat bisher zu Beginn des Vormonats vor dem Einsatzmonat von der Arbeitgeberin ein Dienstplan vorgelegt. Sofern der Betriebsrat bis zum 10. des Vormonats dem Plan nicht widersprochen hatte, wurde er von der Arbeitgeberin als verbindlich angesehen und dann auch mit dem Anspruch, dadurch die Arbeitszeiten verbindlich festzulegen, im Bereich ausgehängt. Ob der Betriebsrat auch an der Dienstplanung in den anderen Bereichen wenigstens im vorbezeichneten Umfang regelmäßig beteiligt wurde, konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Der Betriebsrat hat bestritten, dass er in den anderen Bereichen wenigstens im vorbezeichneten Umfang beteiligt worden sei. Dem ist die Arbeitgeberin nicht substantiiert entgegengetreten.
Das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren geht auf Unstimmigkeiten der Beteiligten bei der Einsatzplanung im Bereich des Pflegedienstes für den Monat April 2015 zurück. Dem Betrieb...