Verfahrensgang

ArbG Rostock (Beschluss vom 22.07.1997; Aktenzeichen 5 Ca 923/96)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichtes Rostock vom 22. Juli 1997 (5 Ca 923/96) aufgehoben.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig.

Der Rechtsstreit wird an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht Rostock verwiesen.

Die weitere sofortige Beschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um die Frage, ob ihr Vertragsverhältnis durch eine außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten beendet worden ist.

Unter der Bezeichnung „Dienstvertrag” (im folgenden: DV) schlossen die Parteien am 4. Oktober 1994 einen Vertrag, demzufolge der Kläger als Generalintendant für die Zeit vom 1.8.1994 bis zum 31.7.1999 die Leitung des V. R. übertragen bekam. Das V. R. unterhält einen vierzügigen Theaterbetrieb (Großes und Kleines Schauspielhaus, Musiktheater, Ballett).

Gemäß § 1 Abs. 3 des Vertragswerkes kann das Dienstverhältnis unabhängig von der Befristung mit einer Frist von einem Jahr zum Ende der Spielzeit (jeweils 31.7. des Jahres) gekündigt werden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt davon unberührt (§ 1 Abs. 4 DV). Wegen des Wortlautes des Dienstvertrages im einzelnen wird auf die bei den Akten befindliche Fotokopie (Blatt 28–35 d. A.) Bezug genommen.

Unter dem 20.11.1996 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis fristlos und vorsorglich fristgemäß zum Ende der Spielzeit 1977/98. Zur Begründung berief sie sich vor allem auf gravierende Verstöße des Klägers gegen das Haushaltsrecht und die Überschreitung von Honorar- und Ausstattungsetatgrenzen in den Gastverträgen des Klägers. Dadurch sei das Vertrauensverhältnis als unersetzbare Basis der Position eines Generalintendanten nachhaltig zerstört. Wegen des Wortlautes des Kündigungsschreibens wird auf die Fotokopie Blatt 36 f. der Akten verwiesen.

Gegen diese ihm am gleichen Tage zugegangene Kündigung hat der Kläger mit Eingang beim Arbeitsgericht Rostock am 9.12.1996 Feststellungsklage erheben lassen. Die Beklagte dagegen hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten als nicht eröffnet angesehen. Nach ihrer Auffassung ist der Kläger als Generalintendant weder Arbeitnehmer noch ist er ausnahmsweise als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG anzusehen.

Durch Beschluß vom 22.7.1997 hat die 5. Kammer des Arbeitsgerichtes Rostock festgestellt, daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zulässig sei.

Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes im grundsätzlichen, was die Abgrenzung zwischen freiem Dienstverhältnis und Arbeitnehmereigenschaft anbelangt, und im besonderen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Einordnung von Theaterintendanten ausgeführt, daß entscheidend sei, wie die Parteien ihre konkrete Vertragsbeziehung ausgestaltet hätten.

Könne der Theaterträger trotz gewisser Freiräume die Tätigkeit des Intendanten noch in erheblichem Umfang beeinflussen, so liege eine persönliche Abhängigkeit vor, die die Arbeitnehmereigenschaft begründen könne. Blieben auch nach Vertragsschluß wesentliche Steuerungsinstrumente in der Hand des Theaterträgers, könne von einer weisungsfreien, selbstbestimmten Tätigkeit nicht die Rede sein. Davon sei im Falle des zwischen den Parteien umstrittenen Vertragsverhältnisses auszugehen. Denn der Kläger habe gegenüber dem zuständige Dezernenten eine Informationspflicht über die Spielplangestaltung gehabt, die auf eine Einflußmöglichkeit der Beklagten auf den Spielplan schließen lasse. Ebenso habe der zuständige Dezernent der Beklagten über Dienstreisen des Klägers wie über seine Vertretung in Krankheits- und Urlaubsfällen entschieden.

Der Kläger habe seine gesamte Arbeitskraft grundsätzlich für die Beklagte zur Verfügung zu stellen gehabt, für Regieaufgaben in anderen Häusern habe es einer Freistellungsentscheidung der Beklagten bedurft. Die prinzipiell begrenzte Zuteilung von Haushaltsmitteln habe den Kläger in seiner freien künstlerischen Entfaltung eingeschränkt. Obwohl er in der Arbeitszeitgestaltung frei gewesen sei, habe er doch regelmäßig seiner Tätigkeit als Intendant nachgehen müssen, was sich nicht zuletzt aus der zwischen den Parteien getroffenen Urlaubsregelung ergebe. Auch die Fortzahlung seiner Gage im Falle des Urlaubes oder der Krankheit spreche für die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichtes im einzelnen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses (Blatt 569–572 d. A.) Bezug genommen.

Gegen diesen ihr am 30.7.1997 (Blatt 575 d. A.) zugestellten Beschluß hat die Beklagte mit Eingang beim Arbeitsgericht Rostock am 13.8.1997 (Blatt 576 d. A.) sofortige Beschwerde eingelegt.

Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vertritt die Beklagte weiterhin die Auffassung, der Kläger sei weder Arbeitnehmer noch arbeitnehmerähnliche Person, vie...

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