Entscheidungsstichwort (Thema)
Recht des Gerichts zur Vorlage des Antrags auf Prozesskostenhilfe im Original. Keine Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts bei Nichtakzeptanz der Beiordnungsbedingungen
Leitsatz (amtlich)
1. Zwar kann eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die nicht mit einer Originalunterschrift, sondern wegen Übermittlung per Fax oder beA mit einer fotokopierten oder eingescannten Unterschrift des Antragstellers versehen ist, den Anforderungen genügen, sofern feststeht, dass die Erklärung von der Partei stammt. Das schließt es jedoch nicht generell aus, im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens eine Glaubhaftmachung durch Nachreichung des Originals der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu fordern.
2. Der Beiordnungsantrag eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten ist insgesamt zurückzuweisen, wenn der Rechtsanwalt nicht mit einer Beiordnung zu den Bedingungen eines Rechtsanwalts mit Niederlassung im Bezirk des Gerichts einverstanden ist, sondern ausdrücklich die uneingeschränkte Beiordnung beantragt, und dadurch weitere Kosten entstehen würden.
Normenkette
ZPO §§ 117-118, 121, 97, 127 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 29.03.2021; Aktenzeichen 14 Ca 18/21) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 30.03.2021 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 29.03.2021 - 14 Ca 18/21 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten vor dem Arbeitsgericht Stralsund (Kammern Neubrandenburg) über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung sowie über das Arbeitsentgelt für den Monat Dezember 2020.
Der in Polen wohnhafte Kläger nahm am 01.07.2020 bei der im Bezirk des Arbeitsgerichts Stralsund ansässigen Beklagten eine Beschäftigung als Windenergieanlagentechniker zu einem Bruttostundenlohn von zuletzt € 15,00 bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden auf. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein englischsprachiger Arbeitsvertrag zugrunde.
Mit dem per beA eingereichten Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 01.02.2021 übersandte der Prozessbevollmächtigte eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers in deutscher und polnischer Sprache. Beigefügt waren der Erklärung die Kontoauszüge des Klägers für die Monate Oktober bis Dezember 2020. Nach den Angaben des Klägers in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verfügt er aktuell über keinerlei Bruttoeinnahmen. Beide Erklärungen tragen eine eingescannte oder fotokopierte Unterschrift des Klägers.
Das Arbeitsgericht hat auf Antrag des Klägers den anberaumten Termin zur Güteverhandlung aufgehoben, um zunächst über den Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden. Mit Verfügung vom 25.02.2021 bat das Arbeitsgericht den Kläger um Nachreichung des Originals der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und um Erläuterung, wie er derzeit seinen Lebensunterhalt ohne jegliche Einnahmen bestreite. Das Arbeitsgericht wies des Weiteren darauf hin, dass eine Beiordnung nur zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk Stralsund niedergelassenen Rechtsanwalts in Betracht komme, und bat um Äußerung hierzu.
Daraufhin teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger seinen aktuellen Lebensunterhalt aus den Zuwendungen seiner Eltern bestreite. Eine eingeschränkte Beiordnung lehnte er ausdrücklich ab.
Der Kläger beantragt,
ihm unter - unbeschränkter - Beiordnung von Rechtsanwalt B. in B-Stadt Prozesskostenhilfe für die erste Instanz zu gewähren,
die Bewilligung auf die für die Beauftragung eines Terminvertreters anfallenden Kosten zu erstrecken,
die Bewilligung auf die im Prozesskostenhilfeverfahren durch Übersetzung von Anlagen anfallenden Übersetzungskosten zu erstrecken, sofern das Gericht die Übersetzungen nicht selbst beauftragt,
die Prozesskostenhilfe auf sämtliche im Zusammenhang mit einem Vergleich oder einem Mehrvergleich entstehenden Gebühren zu erstrecken.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Ansicht vertreten, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht im Original vorgelegt werden müsse. Die Übermittlung in Form eines elektronischen Dokuments mit eingescannter Unterschrift genüge, wenn die Erklärung unzweifelhaft vom Antragsteller stamme und er zu seinen Angaben stehe. Die Beiordnung müsse unbeschränkt erfolgen, da der polnischsprachige Kläger der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig und deshalb auf einen polnisch sprechenden Prozessbevollmächtigten angewiesen sei. Die unbeschränkte Beiordnung erspare die ansonsten anfallenden, wesentlich höheren Dolmetscherkosten. Sie erspare zudem einen Verkehrsanwalt.
Mit Beschluss vom 29.03.2021 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es an einer ordnungsgemäß unterz...