Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines gewerblichen Arbeitnehmers in der Brot- und Backwarenindustrie. Eingruppierung. Brotindustrie. Backwarenindustrie. Großbäckerei. Einweisen. Einarbeiten. Anlernen. Berufsausbildung. Begriff des Kommissionierens
Leitsatz (amtlich)
1. Unter "Kommissionieren" im Sinne des entsprechenden Regelbeispiels in der Tarifgruppe D des Entgeltrahmentarifvertrages für alle Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer und Auszubildenden der Brot- und Backwarenindustrie und Großbäckereien in den fünf neuen Bundesländern einschließlich Berlin-Ost vom 26. Februar 1991 versteht man ein Zusammenstellen von Waren nach Aufträgen aus einem Lagerbestand (so auch schon BAG 23. April 1997 - 10 AZR 903/95 - unter Berufung auf Gablers Wirtschaftslexikon Stichwort "Kommissionierung", dort allerdings zu einem Tarifvertrag aus dem Groß- und Außenhandel).
2. Unter "Anlernen" im Sinne des allgemeinen Tätigkeitsmerkmals ("Oberbegriff" im Sprachgebrauch des Tarifvertrages) der Tarifgruppe D des vorerwähnten Tarifvertrages ist die systematische Vermittlung von Grundfertigkeiten zu verstehen, die für eine Mehrzahl von Arbeitsplätzen im Betrieb benötigt wird. Das Anlernen geht daher über die bloße Einweisung in den Arbeitsplatz hinaus; sie geht aber auch über die in der Tarifgruppe C erwähnte "Einarbeitung" hinaus. Ähnlich wie eine Berufsausbildung wird beim "Anlernen" betrieblich erforderliches Wissen systematisch vermittelt.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Schwerin (Entscheidung vom 23.06.2011; Aktenzeichen 3 Ca 164/11) |
Tenor
1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug nach dem angegriffenen Teilurteil allein um die Frage der tarifgerechten Eingruppierung des Klägers, die er für die Zeit ab Januar 2009 geltend macht.
Die Beklagte produziert und vertreibt in industriellem Rahmen Brote und andere Backwaren mit Betrieben an mehreren Standorten. Die Beklagte hat im Jahre 2006 einen Produktionsbetrieb in L. eröffnet, in dem viele Arbeitnehmer beschäftigt sind, die zuvor - wie der Kläger - an einem in diesem Zusammenhang geschlossenen Standort der Beklagten in der Nähe von A-Stadt tätig waren. Die Beklagte ist Mitglied im Verband der Deutschen Brot- und Backwarenindustrie e.V. mit Sitz in D.. Außerdem ist sie Mitglied in dem Arbeitgeberverband, durch den sie sich vor Gericht vertreten lässt.
Der 1952 geborene Kläger ist seit November 1999 bei der Beklagten oder einem ihrer Rechtsvorgänger beschäftigt. Er ist nicht Mitglied der Gewerkschaft, die den im Betrieb angewendeten Tarifvertrag abgeschlossen hat. Beide Parteien gehen gleichwohl übereinstimmend davon aus, dass sich die Eingruppierung des Klägers nach den tariflichen Merkmalen richtet. Die arbeitsgerichtliche Feststellung, dass der - nicht zur Akte gereichte - Arbeitsvertrag des Klägers auf den Tarifvertrag verweist, ist von keiner der Parteien angegriffen worden.
Maßgeblich für die Eingruppierung des Klägers ist damit der "Entgeltrahmentarifvertrag für alle Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer und Auszubildenden der Brot- und Backwarenindustrie und Großbäckereien in den fünf neuen Bundesländern einschließlich Berlin-Ost", der am 26. Februar 1991 abgeschlossen wurde und seit März 1991 in Kraft ist (zukünftig hier mit ERTV bezeichnet). Der Tarifvertrag ist abgeschlossen zwischen der Gewerkschaft NGG (Hauptverwaltung) und dem bereits oben erwähnten Verband der Deutschen Brot- und Backwarenindustrie e.V., D..
In dem Tarifvertrag heißt es auszugsweise:
"§ 2- Eingruppierung und Umgruppierung
2.1. Maßgebend für die Ein- und/oder Umgruppierung der Arbeitnehmer sind die nachstehenden Grundsätze.
2.2. Dieser Tarifvertrag enthält die Merkmale der Tarifgruppen und darunter Beispiele für typische Tätigkeiten.
Die aufgeführten Beispiele sind kein Ausschließlichkeitskatalog, sondern sie stellen Richtbeispiele dar und dienen der Erläuterung zur Ein- und Umgruppierung der Arbeitnehmer.
2.3. Maßgebend für die Ein- und Umgruppierung sind an erster Stelle die "Oberbegriffe" (Gruppenmerkmale) der Tarifgruppen.
2.4. Bei der Einstufung oder Umgruppierung sind nicht berufliche oder betriebliche Bezeichnungen, sondern ausschließlich die Anforderungen/Tätigkeitsmerkmale des Arbeitsplatzes und die Art der verrichteten Arbeit maßgebend.
...
Entscheidend für die Einstufung und/oder Umgruppierung des Arbeitnehmers ist die von ihm überwiegend ausgeübte Tätigkeit."
§ 4 ERTV regelt sodann die einzelnen Tarifgruppen. Es beginnt mit der am schlechtesten vergüteten Gruppe A und endet mit der am besten vergüteten Gruppe M. Die Ecklohngruppe ("100 %") ist die Gruppe G, die sich durch Tätigkeiten, die eine abgeschlossene Berufsausbildung erfordern, auszeichnet. Der Kläger wird von der Beklagten der Gruppe C zugeordnet und er meint, er sei eingruppiert in die Gruppe D. Die Tätigkeitsmerkmale sind im Tarifvertrag wie folgt formuliert:
"Gruppe C ./. 80 %
Oberbegriff
Tätigkeiten nach Anweisung, die Kenntnisse...