Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgeltung dienstlich veranlasster Mehraufwendungen aus Anlass einer Dienstreise. Keine Fahrtkostenerstattung für Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle. Kürzung der Reisekostenvergütung um Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle. Keine Kostenpauschale nach § 288 Abs. 5 BGB im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Abzugelten sind nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Landesreisekostengesetz M-V nur die dienstlich veranlassten Mehraufwendungen, also diejenigen Aufwendungen, die aus Anlass der Dienstreise zusätzlich zu den Aufwendungen entstehen, die auch ohne die dienstliche Veranlassung entstanden wären.
2. Die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle fallen in den Bereich der all-gemeinen Lebensführung. Der Weg zur Arbeit ist grundsätzlich dem privaten Bereich des Arbeitnehmers zuzuordnen. Dieser hat die hiermit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen in der Regel selbst zu tragen.
3. Die Reisekostenvergütung für eine Dienstreise kann, sofern sich aus der Dienstreisegenehmigung nichts anderes ergibt, um Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle gekürzt werden, wenn der Beschäftigte andernfalls die Dienststelle hätte aufsuchen müssen.
Normenkette
TV-L § 23 Abs. 4; LRKG MV §§ 3, 5; BGB § 288 Abs. 5; ArbGG § 12a Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Schwerin (Entscheidung vom 26.07.2018; Aktenzeichen 5 Ca 210/18) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 26.07.2018 - 5 Ca 210/18 - abgeändert, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, mehr als € 29,75 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.02.2018 zu zahlen. Die über diesen Betrag hinausgehende Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Fahrtkostenerstattung für Dienstreisen, insbesondere darüber, ob die Wegstreckenentschädigung vom Wohnort oder vom Dienstort aus zu berechnen ist.
Der im August 1963 geborene Kläger ist seit dem 01.11.1993 bei der in B-Stadt ansässigen Beklagten beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 28.01.1994 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Die Entfernung zwischen dem Wohnort des Klägers in A-Stadt und der Dienststelle in B-Stadt beträgt etwa 48 Straßenkilometer (einfache Fahrt). Der Kläger ist als sog. Technischer Aufsichtsbeamter zuständig für Kindertagesstätten und Schulen und aufgrund dessen zu etwa 35 - 40 % der Arbeitstage im Außendienst tätig. An den übrigen Tagen ist die Arbeitsleistung in der Dienststelle zu erbringen. Im Außendienst prüft der Kläger Schulen und Kindertagesstätten und führt Seminare zum Unfallschutz durch. Die Seminarunterlagen und Informationsbroschüren transportiert er mit seinem PKW ebenso wie die benötigten Messinstrumente.
Der Kläger nutzt für die Dienstreisen ein privates Kraftfahrzeug, das im überwiegenden dienstlichen Interesse gehalten wird und als solches anerkannt ist (Allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Benutzung privater Kraftfahrzeuge zu Dienstreisen [VVK], Erlass des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 29. November 2001 - IV - 150, AmtsBl. M-V 2001 Seite 1279). Er erhält eine Wegstreckenentschädigung von € 0,35 je Kilometer.
Der Kläger tritt die Dienstreisen regelmäßig von seinem Wohnort aus an und kehrt dorthin zurück. Eintägige Dienstreisen unternimmt der Kläger auf der Grundlage einer allgemeinen Genehmigung; für mehrtägige Dienstreisen ist jeweils eine gesonderte Genehmigung einzuholen.
Der Kläger beantragte am 24.04.2017 die Genehmigung einer zweitägigen Dienstreise am 03./04.05.2017 von seinem Wohnort aus nach S., G., D. und zurück, um dort verschiedene Schulen bzw. Kindertagesstätten aufzusuchen. Die Beklagte genehmigte die Dienstreise antragsgemäß auf dem vorgesehenen Formular. Der Kläger fuhr am 03./04.05.2017 mit seinem PKW insgesamt eine Strecke von 506 km, die er gegenüber der Beklagten abrechnete. Die Beklagte erstattete lediglich 461 km, da sie die Fahrtstrecke nicht vom Wohnort des Klägers aus, sondern von der Dienststelle berechnete.
In der Zeit vom 11.05.2017 bis zum 26.04.2018 unternahm der Kläger insgesamt 30 eintägige Dienstreisen, u. a. nach W., R., B. S., R., Z., G., B. K. usw. Der Kläger berechnete die Wegstreckenentschädigung jeweils von seinem Wohnort aus, während die Beklagte lediglich die Anzahl der Kilometer von der Dienststelle erstattete. Die Differenz zwischen den geltend gemachten und den erstatteten Kilometern beläuft sich bei diesen 30 eintägigen Dienstreisen auf insgesamt 1439 km.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte ihm die Fahrtkosten von seinem Wohnort aus erstatten müsse. Bis zum Wechsel des Sachbearbeiters seie...