Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfall tariflicher Ansprüche “innerhalb von drei Monaten nach der Ausgleichsfrist„. Unbegründete Schadensersatzklage wegen verspäteter Unterrichtung über Bedingungen des Arbeitsverhältnisses bei Kenntnis tariflicher Verfallvorschrift aus eigener Betriebsratstätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 11 des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Mecklenburg-Vorpommern, abgeschlossen zwischen dem Arbeitgeberverband DEHOGA und der Gewerkschaft NGG, verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht "innerhalb von drei Monaten nach der Ausgleichsfrist" geltend gemacht werden. Damit stellt auch dieser Tarifvertrag für den Beginn des Laufs der Ausschlussfrist auf die Fälligkeit des Anspruchs ab.

2. Ein Schadensersatzanspruch wegen nicht rechtzeitiger Unterrichtung über die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 2 NachweisG (vgl. BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 486/10 - AP Nr. 94 zu § 7 BurlG Abgeltung = DB 2012, 1388; dazu auch LAG Mecklenburg-Vorpommern 9. September 2014 - 5 Sa 228/11) scheidet im Regelfall aus, wenn der Arbeitnehmer aus anderen Quellen Kenntnis seiner wesentlichen Arbeitsbedingungen hat.

 

Normenkette

TVG § 1; NachweisG § 2; BGB §§ 286, 280 Abs. 1 S. 1; NachwG § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 10; MTV-Hotel- und Gaststättengewerbe MV § 11

 

Verfahrensgang

ArbG Stralsund (Entscheidung vom 15.10.2015; Aktenzeichen 12 Ca 2/15)

 

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um restliche Entgeltansprüche des Arbeitnehmers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war in der Zeit von August 2008 bis zum 7. September 2012 bei der Beklagten, einem Hotel- und Restaurantbetrieb, zuletzt als Executive Sous Chef mit einem Bruttogehalt von zuletzt 2.500,00 Euro im Monat tätig.

Während seiner Tätigkeit bei der Beklagten hat der Kläger seinen Meister gemacht. Meisterlehrgänge haben von September 2010 bis Februar 2011 sowie von September 2011 bis März 2012 stattgefunden. Ein genaues Datum zum Abschluss der Meisterprüfung ist nicht mitgeteilt. Während der Meisterlehrgänge hat die Beklagte kein Entgelt gezahlt, der Kläger hat stattdessen Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz bzw. dem Vorgängergesetz dazu ("Meister-BaFöG") erhalten.

Grundlage der Zusammenarbeit war der Arbeitsvertrag vom 5. März 2008 (als Anlage B 5 zur Akte gelangt, hier Blatt 81 ff). Im Vorlauf zum Abschluss dieses Vertrages hatte die Beklagte dem Kläger einen Vertragsentwurf übermittelt (Entwurf mit Datum vom 26. Februar 2008, vom Kläger überreicht in Kopie als Anlage BK 1, hier Blatt 153 ff). Der Kläger hatte dazu noch Klärungsbedarf angemeldet, woraus der Mailverkehr aus der Anlage B 6 (hier Blatt 85 ff) resultiert. Zuletzt hatte der Kläger mit Mail vom 4. März 2008 mitgeteilt, der Vertrag könne nunmehr so abgeschlossen werden (Anlage B 6, hier Blatt 85). Die abgesprochene Vertragsurkunde wurde dann tatsächlich auch unter dem 5. März 2008 beiderseits unterzeichnet. Der Kläger behauptet dazu allerdings, es sei seinerzeit nur ein Exemplar unterzeichnet worden, das die Beklagte dann an sich genommen habe; er habe zu keinem Zeitpunkt über ein Exemplar des Vertrages vom 5. März 2008 verfügt. Nach dem Arbeitsvertrag haben die Parteien eine 40-Stunden-Woche vereinbart.

Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält in Punkt 16 unter anderem eine ergänzende Bindungsklausel an den Flächentarifvertrag der Branche. Punkt 16 des Arbeitsvertrages lautet wörtlich:

16. Sonstiges

Nebenabreden und Änderungen des Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Sollte eine oder mehrere Bestimmungen dieses Vertrages ungültig sein, so berührt dies die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht.

Im Übrigen gelten die Bestimmungen des jeweils gültigen Manteltarifvertrages für das Gaststätten- und Hotelgewerbe von Mecklenburg-Vorpommern sowie die jeweils gültigen Betriebsvereinbarungen und Arbeitsordnungen sowie die Hausordnung.

Zu dem Arbeitsvertrag vom 5. März 2008 gibt es mehrere spätere Ergänzungen, die sich vorrangig mit Entgeltfragen beschäftigen. Das ursprünglich verabredete Entgelt in Höhe von 1.900 Euro brutto monatlich wurde mit Ergänzungsabrede vom 21. Mai 2010 (Anlage B 4, hier Blatt 20) auf 2.250 Euro brutto monatlich erhöht mit der Zusatzabrede "Aufgrund der übertariflichen Vergütung des Arbeitnehmers gilt Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit als abgegolten." Die "Vereinbarung zum Guttageabbau" vom 15. August 2011 (Anlage B 3, hier Blatt 19) regelt die Beteiligung der Beklagten an der Fortbildung des Klägers und eine dafür vorgenommene Verrechnung von bereits angefallenen "Guttagen" aus der Vergangenheit. Mit der Ergänzungsabrede vom 13. April 2012 (Anlage B 2, hier Blatt 18) haben die Parteien das Entgelt mit Wirkung ab April 2012 auf 2.500 Euro brutto angehoben.

Der Kläger war während seiner Zeit bei der Beklagten auch Mitglied des dort gebildeten Betriebsrats, Dauer und Zeitra...

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