Entscheidungsstichwort (Thema)
Leiharbeit. Arbeitnehmerüberlassung. Metallindustrie. Elektrohandwerk. equal pay. Tariföffnungsklausel. Tariffähigkeit. Spitzenorganisation. Mindestlohn. Ausschlussfrist. Verjährung. Bezugnahmeklausel. Vertragsauslegung. Anspruch auf gleiches Entgelt für einen Leiharbeitnehmer wegen fehlender Tariffähigkeit der CGZP
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) war auch in der Zeit von 2006 bis 2009 rechtlich nicht in der Lage, Tarifverträge abzuschließen (wie LAG Berlin-Brandenburg 9. Januar 2012 24 TaBV 1285/11 u.a. - DB 2012, 693).
2. Ein Betrieb des Elektrohandwerks, dessen Inhaber neben dem Handwerk in erheblichem Umfang gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe der Metallindustrie betreibt, kann sich zur Abwendung des equal-pay-Anspruchs seines Leiharbeitnehmers nach §§ 9, 10 AÜG nicht auf den allgemeinverbindlichen Bundestarifvertrag über ein Mindestentgelt in den Elektrohandwerken vom 24. Januar 2007 stützen. Denn nach § 1 Absatz 2 dieses Tarifvertrages gilt er fachlich nur für "Betriebe oder selbständige Betriebsabteilungen, die mit der handwerksmäßigen Installation von elektro- und informationstechnischen Anlagen ... befasst sind". Die Dienstleistung der Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe der Metallindustrie kann nicht als handwerkliche Leistung des Elektrohandwerks angesehen werden.
3. Wenn Parteien des Arbeitsvertrages zum Zwecke der Inanspruchnahme der Tariföffnungsklausel aus §§ 9, 10 AÜG auf das Normenwerk der CGZP mit dem Arbeitgeberverband Mittelständige Personaldienstleister (AMP) im Arbeitsvertrag Bezug nehmen, kann man nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Bezugnahme auch dann gelten sollte, wenn sich herausstellt, dass dieses Normenwerk sich nicht aus Tarifverträgen im Sinne der §§ 9, 10 AÜG zusammensetzt.
4. Haben die Arbeitsvertragsparteien zu einem Zeitpunkt als sie noch davon ausgegangen waren, dass es sich bei dem Normenwerk der CGZP und der AMP um Tarifverträge handelt, die dreimonatige Ausschlussfrist aus Ziffer 19 des Manteltarifvertrages CGZP/AMP wort- bzw. sinngleich in ihren Arbeitsvertrag mit aufgenommen, kann dem kein eigener Regelungsgehalt beigemessen werden. Diese Vertragsklausel teilt das Schicksal der kollektiven Regelung. Sie ist rechtsgeschäftlich lediglich als eine Bezugnahme auf die kollektive Regelung zu verstehen.
Normenkette
AÜG §§ 9-10; TVG §§ 1-2; BGB § 157
Verfahrensgang
ArbG Rostock (Entscheidung vom 14.06.2011; Aktenzeichen 3 Ca 1508/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die klägerische Berufung wird die Beklagte unter teilweiser Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils verurteilt, an den Kläger 24.204,06 Euro brutto zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die klägerische Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 2/7 und im Übrigen die Beklagte.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, der von seinem Arbeitgeber als Leiharbeitnehmer verliehen wurde, begehrt von der Beklagten Zahlung des im Einsatzbetrieb üblichen Arbeitsentgelts nach § 10 Absatz 4 Satz 1 AÜG (equal pay), hilfsweise eine höhere Vergütung nach dem arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Normenwerk.
Der Kläger ist seit dem 28. November 2005 bei der Beklagten, die das Elektrohandwerk betreibt und zusätzlich gewerblich Arbeitnehmer verleiht, als Schlosser beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 24. November 2005 heißt es unter anderem wörtlich (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage 1 zur Akte gereichte Kopie, hier Blatt 12 f, Bezug genommen):
"...
1. Der AN wird als Schlosser beschäftigt.
Der AN ist wie folgt qualifiziert: FA Maschinen- -und Anlagenmonteur
Er wird zur Ausführung von Arbeiten bei Kunden des AG eingesetzt. Der AN ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zur Leistung von Mehrarbeit, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit verpflichtet. Für den AN besteht die Pflicht zur auswärtigen Arbeitsleistung an verschiedenen Orten.
...
3. Wesen des Arbeitsvertrages
Der AG gehört keiner Tarifgemeinschaft an. Es steht dem AG frei, den AN im Arbeitnehmerüberlassungsverhältnis oder im Werksvertragsverhältnis einzusetzen. Die Inhalte dieses Arbeitsvertrages gelten für die beiden angesprochenen Vertragsverhältnisse. Die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung ist dem AG gem. § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AUG) vom Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen mit Sitz in H. ab dem 17.05.1997 erteilt. Wird der AN in der Arbeitnehmerüberlassung eingesetzt, so gelten für diese Zeit zwischen dem AN und dem AG die jeweils gültigen Tarifverträge des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) als vereinbart. Ist der Mitarbeiter bei einem Entleiher beschäftigt, der unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist, entfällt seine Arbeitspflicht bei diesem Entleiher. ..."
Der Kläger w...