Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung bei lang andauernder Arbeitsunfähigkeit. Verfall krankheitsbedingter Abgeltungsansprüche aufgrund eigenständiger Tarifregelung des öffentlichen Dienstes

 

Leitsatz (amtlich)

1.Gesetzliche Urlaubsansprüche arbeitsunfähiger Arbeitnehmer verfallen nach § 7 Abs. 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres.

2. Die Tarifvertragsparteien haben in § 26 Abs. 2 TVöD hinsichtlich der Befristung und Übertragung und damit mittelbar auch zugleich bezüglich des Verfalls des Urlaubs von § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz abweichende, eigenständige Regelungen getroffen.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 3; TVöD § 26 Abs. 2; BGB § 814; BUrlG § 7 Abs. 3 S. 3; TzBfG § 15 Abs. 2; TVöD § 26 Abs. 2 Buchst. a Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 28.11.2013; Aktenzeichen 6 Ca 1176/13)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 28.11.2013 zum Aktenzeichen 6 Ca 1176/13 wird zurückgewiesen.

II. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus Urlaubsabgeltung.

Die schwerbehinderte Klägerin war bei der Beklagten im Anwendungsbereich des TVöD bei einer Fünf-Tage-Arbeitswoche und einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.328,98 Euro bis zum 30.06.2012 beschäftigt. Ab dem 08.01.2010 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Mit Wirkung vom 30.06.2012 schied sie aus dem Arbeitsverhältnis aus, da ihr zu diesen Zeitpunkt nach Gewährung einer befristeten Erwerbsunfähigkeitsrente unbefristet Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt worden ist. In diesem Zusammenhang wies die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 29.05.2012 auf die tariflich vorgesehene Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2012 hin und verwies auf einen Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin für 20 Urlaubstage für das Jahr 2010. Mit Schreiben vom 20.07.2012 teilte die Beklagte der Klägerin zudem mit, dass für das Urlaubsjahr 2010 auch der Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX berücksichtigt würde. Tatsächlich zahlte die Beklagte an die Klägerin bezogen auf das Kalenderjahr 2010 im Zuge der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls zum 30.06.2012 bzw. zum 31.08.2012 eine Urlaubsabgeltung für 25 Urlaubstage. Im Zuge des weiteren Schriftwechsels der Parteien wies die Beklagte mit Schreiben vom 14.11.2012 die Klägerin darauf hin, dass nach ihrer Auffassung für die Zeit von 2010 bis 2012 insgesamt ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 38 Urlaubstage zu zahlen sei und dass auf Grund der bereits geleisteten Zahlungen für 25 Urlaubstage noch weitere 13 Urlaubstage abzugelten seien. In diesem Umfang hat die Beklagte dann auch an die Klägerin geleistet.

Dagegen wendet sich die Klägerin und begehrt mit ihrer Klage Urlaubsabgeltung für jeweils 35 Urlaubstage (20 Tage gesetzlicher Urlaub, 10 Tage tariflicher Mehrurlaub, 5 Tage Urlaub gemäß § 125 SGB IX) für die Jahre 2010 und 2011 sowie für 18 Urlaubstage anteilig für das Jahr 2012.

Mit Urteil vom 28. November 2013 hat das Arbeitsgericht Schwerin die Klage abgewiesen und ausgeführt, zu Gunsten der Klägerin bestehe ein Urlaubsabgeltungsanspruch für 38 Urlaubstage für die Jahre 2010 bis 2012. Diesen Urlaubsabgeltungsanspruch habe die Beklagte erfüllt. Tarifliche Mehrurlaubsansprüche für die Jahre 2010 und 2011 seien gemäß § 26 Abs. 2 a TVöD verfallen. Tarifliche Mehrurlaubsansprüche für das Jahr 2012 seien gemäß § 26 Abs. 2 c TVöD nicht vorhanden. Dabei stelle § 26 Abs. 2 a TVöD nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine von § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz abweichende, eigenständige Regelung dar. Deshalb stehe nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch Unionsrecht nicht entgegen. Die gesetzlichen Urlaubsansprüche (20 Urlaubstage + 5 Urlaubstage) für das Jahr 2010 seien nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfallen. Die Beklagte habe mithin für das Jahr 2010 ohne Rechtsgrund eine Urlaubsabgeltung für 25 Urlaubstage an die Klägerin geleistet. Der entsprechende Rückforderungsanspruch sei innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht worden. Mithin habe die Beklagte gestützt auf § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Verrechnung mit der zu leistenden Urlaubsabgeltung für 38 Urlaubstage für die Jahre 2011 und 2012 vornehmen dürfen. § 818 Abs. 3 BGB stehe dem nicht entgegen, da die Klägerin eine Entreicherung nicht substantiiert vorgetragen habe.

Gegen diese am 19.12.2013 zugegangene Entscheidung richtet sich die am 17.01.2014 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangene Berufung der Klägerin nebst der - nach entsprechender gerichtlicher Fristverlängerung - am 17.03.2014 eingegangenen Berufungsbegründung.

Die Klägerin ist der Auffassung, der gesetzliche Urlaubsanspruch für das Jahr 2010 sei nicht verfallen. Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.08.2012 zum Aktenzeichen 9 AZR 353/10 könne nicht gefolgt werden. Es sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich, welche die Annahme eines Übertragu...

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