Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurteilung von Wettbewerbsverstößen durch Weitergabe von Telefonnummern

 

Leitsatz (redaktionell)

Die systematische Mitteilung seiner privaten Handy-Nummer durch den Arbeitnehmer verbunden mit einem Hinweis auf sein Ausscheiden beim Arbeitgeber und seinen Eintritt bei einem neuen Arbeitgeber, der in derselben Geschäftswelt tätig ist, an alle von ihm betreuten Kunden während des noch laufenden Arbeitsverhältnisses, ist als unerlaubte Konkurrenztätigkeit zu Lasten des Arbeitgebers zu werten.

 

Orientierungssatz

Einzelfallentscheidung zur Frage, ob aus Wettbewerbsverstößen des Handlungsgehilfen während des Arbeitsverhältnisses auf die Gefahr zukünftiger Verstöße in der Phase des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes geschlossen werden kann. Das Gericht ist dabei davon ausgegangen, dass die systematische Mitteilung der privaten Handy-Nummer der Handlungsgehilfen verbunden mit einem Hinweis auf ihr Ausscheiden beim Arbeitgeber und ihren Eintritt bei einem neuen Arbeitgeber, der in derselben Geschäftswelt tätig ist, an alle die von ihr betreuten Kunden während des noch laufenden Arbeitsverhältnisses als Konkurrenztätigkeit zu Lasten des Arbeitgebers zu werten ist.

 

Normenkette

HGB § 60

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Urteil vom 03.05.2005; Aktenzeichen 2 Ga 7/05)

 

Tenor

1. Das Verfügungsurteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 3. Mai 2005 (2 Ga 7/05) wird abgeändert.

2. Die Verfügungsbeklagte wird im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es bis längstens 15. Mai 2006 zu unterlassen, im Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern und/oder Schleswig-Holstein und/oder Hamburg für ein anderes Unternehmen als die Verfügungsklägerin tätig zu werden, das sich unmittelbar oder mittelbar, ausschließlich oder jedenfalls auch mit dem Vertrieb von Stomaversorgungs- und/oder Inkontinenzprodukten und/oder Wundversorgungsprodukten befasst.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

 

Tatbestand

Im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren verlangt die klagende Arbeitgeberin (Verfügungsklägerin) von ihrer ehemaligen Arbeitnehmerin (Verfügungsbeklagte) Unterlassung von Wettbewerb auf Grund eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes.

Die Verfügungsklägerin vertreibt über Außendienstmitarbeiter nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte für meist ältere Menschen (z.B. Stomaprodukte, Inkontinenzprodukte, Wundversorgungsprodukte). Das Tätigkeitsgebiet der Verfügungsklägerin umfasst das hiesige Bundesland, Hamburg, Schleswig-Holstein und das nördliche Brandenburg.

Die Verfügungsbeklagte ist ausgebildete Krankenschwester und hat für die Verfügungsklägerin im räumlichen Tätigkeitsbereich des Großraums S. (einschließlich nördliches B.) rund 150 bis 200 Kunden betreut und mit Waren versorgt.

Mit Vertragsergänzung vom 05.03.2003 haben die Parteien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit Entschädigungsleistung vereinbart, das wie folgt formuliert ist:

„…

  1. Die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, es für die Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu unterlassen, in selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, das mit der Hansemed GmbH in direktem oder indirektem Wettbewerb steht oder mit einem Wettbewerbsunternehmen verbunden ist. Sie verpflichtet sich ferner, während der Dauer dieses Verbotes ein solches Unternehmen weder zu errichten, zu erwerben oder sich hieran unmittelbar oder mittelbar zu beteiligen. Ausgenommen davon ist der Erwerb börsengängiger Aktien, die keinen bestimmenden Einfluss auf ein Unternehmen erlauben. Das Wettbewerbsverbot gilt auch zu Gunsten der mit der H. GmbH verbundenen Unternehmen.
  2. Wettbewerber im Sinne der vorstehenden Unterlassungsverpflichtung ist jedes Unternehmen, das sich unmittelbar oder mittelbar, ausschließlich oder jedenfalls auch mit dem Vertrieb von Stomaversorgungs- und/oder Inkontinenzprodukten und/oder Wundversorgungsprodukten und/oder Tracheostomieprodukten und/oder Produkten befasst, die zur künstlichen Ernährung bestimmt sind; Wettbewerb ist jedes auf den Vertrieb solcher Produkte oder einzelner von ihnen gerichtetes Handeln.
  3. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich räumlich auf das Gebiet Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein sowie Hamburg.”

Die Verfügungsbeklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12.04.2005 zum 15.05.2005 ordentlich gekündigt (Blatt 11 d.A.).

Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte nach Kenntnisnahme der Kündigung sofort von der weiteren Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Zusätzlich haben die Parteien aus Anlass der Freistellung ein Übergabeprotokoll gefertigt, das auszugsweise wie folgt lautet:

„… Übergabe

Fahrzeug …, Schlüssel, Fahrzeugschein, Handy…, Büro- und Lagerschlüssel, Termine – Belieferung bis 30.04. abgeschlossen”

Am 15.04.2005 hat sich der Kunde N. telefonisc...

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