Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksame Stichtagsregelungen für die Jahressonderzahlung nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland. Unbegründete Zahlungsklage einer Krankenschwester bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen des Stichtages vor Jahresende
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Inhaltskontrolle von kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die im Arbeitrecht geltenden Besonderheiten zu berücksichtigen. Aufgrund dessen unterliegen Arbeitsvertragsregelungen, die von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden, nur einer bloßen Rechtskontrolle.
2. Die Stichtagsregelungen zur Jahressonderzahlung in Abs. 1 der Anlage 14 zu § 14 Abs. 3 AVR.DW.EKD verstoßen nicht gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder gegen die guten Sitten. Sie sind mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Insofern genügt es, dass die Jahressonderzahlung jedenfalls auch die Betriebstreue honorieren soll.
Normenkette
AVR DW EKD Anl. 14 § 14 Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1; BGB §§ 307, 310 Abs. 4; AVR-DW-EKD § 14 Abs. 3 Anl. 14 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 18.11.2014; Aktenzeichen 1 Ca 44/14) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 18.11.2014 - 1 Ca 44/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Jahressonderzahlung nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, insbesondere über die Wirksamkeit der Stichtagsregelung.
Die am 14.05.1990 geborene Klägerin schloss mit der Beklagten am 15.11.2011 einen befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 16.11.2011 bis 15.11.2012, den die Parteien später um ein weiteres Jahr bis zum 15.11.2013 verlängerten. Die Klägerin arbeitete als Krankenschwester in dem von der Beklagten betriebenen Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie.
Nach § 2 des Arbeitsvertrages gelten für das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (im Folgenden: AVR.DW.EKD) in der jeweils gültigen Fassung.
Die ab dem 01.06.2013 geltende Fassung der AVR.DW.EKD hat folgenden Wortlaut:
"...
§ 14 Die Bestandteile des Entgeltes
...
(3) Sonstige Zuwendungen werden nach den Anlagen 12 und 14 der AVR in der jeweils gültigen Fassung gezahlt.
...
Anlage 14
JAHRESSONDERZAHLUNG
(1) Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter, die oder der sich am 01. November eines Jahres in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, das mindestens bis zum 31. Dezember des Jahres besteht, erhält eine Jahressonderzahlung.
(2) Die Höhe der Jahressonderzahlung errechnet sich aus der Summe der Bezüge gemäß Unterabsatz 3 der Monate Januar bis einschließlich Oktober des Jahres, dividiert durch zehn. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen vertraglich variable Mehrarbeit vereinbart ist, erhöht sich dieser Betrag um die durchschnittliche Vergütung der tatsächlich geleisteten Mehrarbeit.
Beginnt das Beschäftigungsverhältnis nach dem 1. Oktober, wird die Jahressonderzahlung auf der Basis der Bezüge für den Monat November, dividiert durch zehn, berechnet.
Zu den Bezügen zählt das monatliche Tabellenentgelt, die Kinderzulage, ggf. die Besitzstandszulage, die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen sowie die Zeitzuschläge gemäß § 20a AVR.
(3) Die Jahressonderzahlung wird zur Hälfte im November des laufenden Jahres, die zweite Hälfte im Juni des Folgejahres gezahlt. Sofern das betriebliche Ergebnis des Vorjahres nach Absatz 5 negativ ist, beträgt abweichend von Satz 1 in Einrichtungen der Altenhilfe, Rehabilitation, Jugendhilfe sowie ambulanten Diensten und Beratungsstellen der im November fällige Teil der Jahressonderzahlung 25 v.H. und der im Juni des Folgejahres fällige Teil 75 v.H. Die Höhe der Zahlung im Juni ist vom betrieblichen Ergebnis der Einrichtung abhängig. ...
(4) Weist die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber nach, dass bei voller Juni-Zahlung der anteiligen Bruttopersonalkosten der Jahressonderzahlung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein negatives betriebliches Ergebnis im Vorjahr (Wirtschaftsjahr der geleisteten Novemberzahlung) vorliegen würde, entfällt der Anspruch auch teilweise in dem Maße, in dem die Reduzierung in Summe zu einem ausgeglichenen Ergebnis führt. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung ein Testat eines vereidigten Wirtschaftsprüfers oder einer Treuhandstelle vorlegt, aus dem sich der Umfang des negativen betrieblichen Ergebnisses und die Summe der regulären betrieblichen Juni-Zahlung ergibt. ...
..."
Für das Jahr 2012 erhielt die Klägerin eine Jahressonderzahlung, nicht jedoch für das Jahr 2013.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie könne die volle Jahressonderzuwendung 2013 beanspruchen. Die Stichtagsregelung, di...