Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung einer Verbandskauffrau durch den gesetzlich vertretungsberechtigten Vorsteher eines Wasser- und Bodenverbandes. Unbegründete Kündigungsschutzklage bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zum tatsächlichen Bestand des mit Nachdruck geltendgemachten Vergütungsanspruchs im Rahmen des arbeitsrechtlichen Maßregelverbots
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vertretungsmacht des im Außenverhältnis berufenen Organs, hier des Verbandsvorstehers eines Wasser- und Bodenverbandes, ist grundsätzlich nicht von der im Innenverhältnis ggf. erforderlichen Mitwirkung anderer Organe abhängig. Eine Überschreitung von im Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen hat auf die Außenwirkungen der mit gesetzlicher Vertretungsmacht vorgenommenen Handlungen keinen Einfluss.
2. Der Schutz des § 612a BGB greift nur dann, wenn das geltend gemachte Recht zum einen tatsächlich besteht und zum anderen in zulässiger Weise ausgeübt wird. Die Geltendmachung von Rechten darf nicht eine Form annehmen, die eine Verletzung von Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellt. Die Pflicht zur Rücksichtnahme kann verletzt sein, wenn ein Arbeitnehmer mit massivem Druck eine streitige und rechtlich zweifelhafte Forderung auf Höhergruppierung durchzusetzen versucht und damit den Boden der sachlichen Auseinandersetzung verlässt.
Normenkette
BGB § 180; WVG § 55; BGB §§ 612a, 241-242, 138; GewO § 109; BGB § 180 S. 1, § 241 Abs. 2; WVG § 55 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Schwerin (Entscheidung vom 31.05.2017; Aktenzeichen 4 Ca 300/17) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 31.05.2017 - 4 Ca 300/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung in einem Kleinbetrieb und die Erteilung eines Zeugnisses.
Der beklagte Wasser- und Bodenverband stellte die 1975 geborene Klägerin mit Arbeitsvertrag vom 10.05.2012 zum selben Datum als Verbandskauffrau mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 36 Stunden ein. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrages nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände jeweils geltenden Fassung (TVöD-V) und dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA). Die Vergütung bemisst sich gemäß Arbeitsvertrag in den ersten Monaten des Arbeitsverhältnisses, d. h. bis zum 31.07.2012, nach der Entgeltgruppe 7 TVöD-V und ab August 2012 nach der Entgeltgruppe 8 TVöD-V. Der Beklagte beschäftigt regelmäßig sechs Arbeitnehmer.
Mit der Arbeitsplatzbeschreibung vom 10.05.2012 übertrug er der Klägerin die folgenden Aufgaben:
- Vorbereitung, Erarbeitung und Aufstellung des Haushaltsplans und evtl. Nachträge, Vorbereitung der entsprechenden Beschlüsse für die Verbandsorgane,
- Selbstständige Verwaltung aller Einnahmen und Ausgaben im laufenden Rechnungsjahr auf der Grundlage des Haushaltsplanes und der Beschlüsse des Vorstandes,
- Erstellung von Übersichten (Planablaufvergleich, Offene-Posten-Liste) und Analysen, Auswertungen und Erarbeitung von Entscheidungsvorschlägen,
- Vorbereitung und Erarbeitung des Jahresabschlusses und der Finanzprüfung,
- Eigenständige und zeitgerechte Bestands- und Anlagenbearbeitung und deren Nachweisführung, Vermögens- und Liegenschaftsverwaltung,
- Erarbeitung und Aktualisierung des Beitragsbuches und Sicherung der ordnungsgemäßen Hebung der Beiträge einschließlich der Gestaltung des Mahnwesens und Vorbereitung der Widerspruchsbearbeitung,
- Erfassung und Abrechnung des Bauhofes, der Fahrzeuge, Miet- und Pachtverträge, Versicherungsverträge, Abwicklung von Versicherungsansprüchen,
- Lohn- und Gehaltsrechnung, Reisekostenabrechnungen, Abrechnung der Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgelder sowie sonstiger Vergütungen,
- Sicherung der termingerechten Bearbeitung der Einnahmen und Ausgaben sowie der vorgeschriebenen Nachweise der Projektförderungsmaßnahmen.
Nach der Arbeitsplatzbeschreibung ist für diese Tätigkeiten eine abgeschlossene Berufsausbildung im kaufmännischen Bereich mit mindestens dreijähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet des Finanzwesens und der Verwaltung erforderlich. Die Klägerin verfügt über eine Berufsausbildung zur Bürokauffrau mit dem Schwerpunkt Bilanzrecht. Sie ist gemäß Arbeitsplatzbeschreibung dem Geschäftsführer unmittelbar unterstellt.
Zum 01.01.2014 hoben die Parteien die regelmäßige Arbeitszeit auf 40 Stunden wöchentlich an. Das monatliche Gehalt belief sich zuletzt auf € 3.168,10 brutto.
Mit Schreiben vom 15.11.2015 beantragte die Klägerin bei dem Verbandsvorsteher unter Bezugnahme auf die in der Arbeitsplatzbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten ihre Höhergruppierung zum 01.01.2016. Sie verwies darauf, dass die Tätigkeiten ihrer Ansicht nach gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbstständig...