Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Änderungskündigung bei unzureichenden Darlegungen eines Kündigungsgrundes. Erledigung des Verfahrenshindernisses der doppelten Rechtshängigkeit durch Klagerücknahme
Leitsatz (amtlich)
1. Das bloße Interesse des Arbeitsgebers, die Arbeitsbedingungen der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu vereinheitlichen, stellt keinen Kündigungsgrund dar.
2. Eine doppelte Rechtshängigkeit im Sinne von § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Klage eine weitere Klage mit demselben Klagegegenstand noch anhängig ist.
3. Die durch § 4 KSchG bezweckte Warnung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer wolle sich gegen eine bestimmte Kündigung zu Wehr setzen wird auch durch eine zunächst wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässige Klage erreicht.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1, § 4 S. 1; ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1; KSchG § 2
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 09.05.2017; Aktenzeichen 11 Ca 11/17) |
Tenor
1. Die Berufungen gegen das am 09.05.2017 verkündete Urteil des Arbeitsgerichtes Stralsund, Kammern Neubrandenburg, werden zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt ¾ der Kosten des Berufungsverfahrens, die Beklagte ¼.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer als Änderungskündigung ausgesprochenen Arbeitgeberkündigung sowie darum, ob der Kläger von der Beklagten die Zahlung eines Bürokostenzuschusses verlangen kann.
Der im Jahr 1967 geborene, ledige, kinderlose Kläger ist seit dem 01.07.2001 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Mitarbeiter im Versicherungsaußendienst beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien basiert auf einem auf den 15.05.2001 datierenden Arbeitsvertrag, geschlossen zwischen dem Kläger und der G. F.- und P. GmbH Ost. Der Kläger bezieht entsprechend der Bedingungen des Arbeitsvertrages ein Grundgehalt, eine Erfolgs- und Betreuungsvergütung sowie Reisekosten. Das Gehalt beträgt nach übereinstimmenden Parteiangaben durchschnittlich monatlich 1.880,00 € zuzüglich Spesen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 4 ff der Akte verwiesen. In der Vergangenheit hatte es verschiedene Gespräche zwischen der Beklagten und dem Kläger mit dem Ziel gegeben, die arbeitsvertraglichen Regelungen auf eine neue Basis zu stellen. Zu diesem Zweck offerierte die Beklagte seit dem Jahr 2012 verschiedene Male Entwürfe eines geänderten Arbeitsvertrages. Der Kläger ging hierauf jedoch nicht ein. Bei der Beklagten, welche rund 370 Mitarbeiter im Außendienst beschäftigt, ist mittlerweile der Kläger der einzige Mitarbeiter, der noch auf Basis des mit der G. F.- und P. Ost GmbH geschlossenen Arbeitsvertrages arbeitet.
Mit Schreiben vom 27.12.2016 (Blatt 12 f der Akte) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30.06.2017 und bot dem Kläger den Abschluss eines neuen Anstellungsvertrages zu geänderten Bedingungen mit Wirkung zum 01.07.2017 an. Hinsichtlich der Einzelheiten des angebotenen Anstellungsvertrages wird auf Blatt 12 f der Akte verwiesen. Der Änderungsvertrag sieht Zielvereinbarungen vor sowie ebenfalls ein monatliches Gehalt, Sonderzahlungen, Urlaubsausgleich, Spesen und Fahrtkostenpauschalen vor. Mit Schreiben vom 05.01.2017 nahm der Kläger über seinen Anwalt das Vertragsangebot unter Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an und stellte dieses durch die mit Wirkung vom 01.10.2017 erhobene Klage zur rechtlichen Prüfung des Arbeitsgerichts. Bereits zuvor hatte der Kläger, vertreten durch einen anderen Prozessbevollmächtigten, ebenfalls die Annahme der geänderten Bedingungen unter Vorbehalt erklärt und dieser Prozessvertreter hat bereits am 05.01.2017 Klage gegen die Änderungskündigung erhoben. Die Klage vom 05.01.2017 wurde am 27.01.2017 zurückgenommen.
Der Kläger bestreitet die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates und bestreitet, dass Gründe bestehen, die die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial rechtfertigen könnten.
Zudem begehrt der Kläger von der Beklagten Zahlung eines Bürokostenzuschusses in Höhe von monatlich 175,00 € für den Zeitraum 01.07.2011 bis 31.12.2011 und in Höhe von 195,00 € monatlich für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.03.2017.
Er stützt diese Ansprüche darauf, dass er bis zum 30.06.2011 einen Arbeitsplatz im Büro der Beklagten in A-Stadt in der D. Straße gehabt habe. Die Beklagte habe das Büro zum 01.07.2011 gekündigt, so dass der Kläger gezwungen gewesen sei, in seinen Privaträumen ein Büro einzurichten. Hierzu habe die Beklagte auch einen Telefonanschluss in Auftrag gegeben und übernehme auch dessen monatliche Gebühren. Seit der Bürokündigung der Beklagten in A-Stadt befinde man sich in Verhandlungen über einen Bürokostenzuschuss. Andere Mitarbeiter der Beklagten, die selbst ein Büro angemietet hätten oder Büroräume in ihren Wohnungen nutzten, hätten - so behauptet der Kläger - einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 153,00 €, ab dem 01.01.2011 in Höhe von 175,00 € und ab dem 01.01.2012 in Höhe von 195,00 € im Mona...