Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung. Lehrer. Lehrkraft. Schule. Arbeitsverweigerung. Personalrat. Bestreiten mit Nichtwissen. Außerordentliche Kündigung einer Lehrkraft an einer öffentlichen Schule wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung. Außerordentliche Kündigung einer Lehrerin bei beharrlicher Arbeitsverweigerung. Berücksichtigung neuen Parteivortrags bei unzureichendem Bestreiten in der Berufungsinstanz
Leitsatz (amtlich)
Ein schlüssiger und ausreichend detaillierter Prozessvortrag des Arbeitgebers zur Beteiligung der Personalvertretung kann vom Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess nicht mehr wirksam mit Nichtwissen (§ 138 ZPO) bestritten werden (wie BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 193/04 - AP Nr. 11 zu § 138 ZPO = NZA 2005, 1233).
Normenkette
BGB § 626; ZPO § 138; LPersVG MV § 62; LPersVG MV § 68; ArbGG § 67 Abs. 1; BGB § 626 Abs. 1; LPersVG MV § 62 Abs. 1; LPersVG MV § 62 Abs. 2; LPersVG MV § 68 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Rostock (Entscheidung vom 15.11.2011; Aktenzeichen 3 Ca 1127/11) |
Tenor
1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 15.11.2011 (3 Ca 1127/11) abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der Kosten der Berufung, die das beklagte Land trägt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitig ausgesprochenen fristlosen, hilfsweise fristgemäßen Kündigung.
Die 1969 geborene Klägerin ist beim beklagten Land seit 1998 als Gymnasiallehrerin beschäftigt. Zuletzt war sie an einem Gymnasium in B-Stadt beschäftigt. Für die Zeit von April 2008 bis einschließlich März 2011 wurde der Klägerin ohne Fortzahlung der Vergütung Sonderurlaub gewährt. In dieser Zeit war die Klägerin als Assistentin der Geschäftsführung und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar der Universität L. tätig.
Mit Schreiben vom 18. November 2010 hat die Klägerin das beklagte Land darum gebeten, mit ihr einen Aufhebungsvertrag nach Lehrerpersonalkonzept, der die Zahlung einer Abfindung beinhalten sollte, abzuschließen. Das beklagte Land hat abgelehnt. Die Klägerin hat ihre Arbeit beim beklagten Land nach Ende der Beurlaubung nicht wieder aufgenommen, da sie inzwischen unbefristet bei der Universität L. angestellt ist.
Das beklagte Land hat die Klägerin anlässlich eines Gütetermins beim Arbeitsgericht in einer anderen Angelegenheit aufgefordert, ab dem 17. Juni 2011 wieder zur Arbeit zu erscheinen. Dem hat die Klägerin nicht Folge geleistet. Das beklagte Land übersandte der Klägerin darauf die Abmahnung vom 17. Juni 2011 (Kopie hier Blatt 35) und teilte mit, dass nunmehr eine Arbeitsaufnahme zum 20. Juni 2011 erwartet werde. Auch dieser Aufforderung leistete die Klägerin, deren Anwalt die Abmahnung allerdings auch erst am 22. Juni 2011 zugegangen war, nicht Folge. Daraufhin übersandte das beklagte Land der Klägerin abermals eine Abmahnung, datiert auf den 24. Juni 2011 (Kopie hier Blatt 38), mit der Aufforderung, nunmehr spätestens zum 27. Juni 2011 den Dienst anzutreten. Dieses Schreiben ging dem Prozessvertreter der Klägerin am 24. Juni 2011 zu. Nachdem die Klägerin auch dieser Aufforderung nicht Folge geleistet hatte, hat das beklagte Land mit Schreiben vom 8. Juli 2011 (Kopie hier Blatt 8) das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß gekündigt. Die Kündigung wurde der Klägerin persönlich mit Postzustellungsurkunde am 9. Juli 2011 zugestellt (Kopie der Zustellungsurkunde hier Blatt 27 und 27R).
Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage ist beim Arbeitsgericht am 29. Juli 2011 eingegangen. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 15. November 2011 in vollem Umfang entsprochen. Maßgebend dafür war der Umstand, dass das beklagte Land nur unvollständig zur Beteiligung des Personalrats an der streitgegenständlichen Kündigung vorgetragen hatte. Insoweit hat das Arbeitsgericht bemängelt, dass das beklagte Land mit der Klageerwiderung nur das erste Blatt der schriftlichen Unterrichtung des Personalrats vorgelegt hat (hier Blatt 30) und dieser Mangel trotz Bestreitens der ordnungsgemäßen Beteiligung seitens der Klägerin und trotz Hinweis des Gerichts auf fortbestehende Mängel bezüglich des Sachvortrags zu diesem Aspekt auch im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Rechtsstreits nicht behoben wurde. - Auf dieses Urteil wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.
Im Rahmen der rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt das beklagte Land das Ziel der Klageabweisung weiter fort. Es hat im Berufungsrechtszug den vom Arbeitsgericht gesehenen Mangel korrigiert und das vier Seiten umfassende Unterrichtungsschreiben für den Personalrat vom 29. Juni 2011 in Kopie zur Akte gereicht (hier Blatt 125 ff).
Das beklagte Land beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Rostock vom 15. November 2011 (5 Ca 1812/11) die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
di...