Entscheidungsstichwort (Thema)
Benachteiligung eines schwerbehinderten Stellenbewerbers durch Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch. Unbegründete Entschädigungsklage bei fachlicher Ungeeignetheit
Leitsatz (amtlich)
Ein Bewerber im öffentlichen Dienst, der das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle nicht erfüllt, muss nicht zu einem Vorstellungsgespräch nach § 82 S. 3 SGB IX eingeladen werden.
Normenkette
AGG § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 1; SGB IX § 82 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Schwerin (Entscheidung vom 27.04.2017; Aktenzeichen 5 Ca 62/17) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 27.04.2017 - 5 Ca 62/17 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung zu zahlen.
Der 1986 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60. Im Jahr 2013 schloss er ein Studium an der Universität J. mit dem Bachelor im Kernfach Politikwissenschaft und im Ergänzungsfach Soziologie ab (Bl. 30 - 21 d. A.). Vom 15.03.2016 bis 30.04.2016 war er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als Entscheider mit der Anhörung von Asylbewerbern beschäftigt (Bl. 28 d. A.).
Die Beklagte schrieb über die Bundesagentur für Arbeit eine befristete Stelle aus. Die Stellenausschreibung lautete auszugsweise wie folgt:
"Titel des Stellenangebots
Bildungskoordinator/-in für Neuzugewanderte (Kz. 03/7081) (Master of Business Administration)
Hochschulabschluss: Diplom (Uni)
Alternativberufe
Soziologe/Soziologin, Hochschulabschluss: Diplom (Uni)
Sozialwissenschafter/in, Hochschulabschluss: Diplom (Uni)
...
Anforderungsprofil:
- Abgeschlossenes Hochschul-/Universitätsstudium, bevorzugt aus dem Bereich Wirtschaftswissenschaften mit soziologischem Schwerpunkt oder dem sozialwissenschaftlichen Bereich mit entsprechenden Kenntnissen z.B. Bildungswissenschaft
...
Vergütung:
Die Eingruppierung und Vergütung erfolgt entsprechend der persönlichen Voraussetzungen nach Entgeltgruppe E 13 TVöD
Allgemeines:
Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte behinderte Menschen werden bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung im Auswahlverfahren bevorzugt berücksichtigt.
...
Anforderungen an den Bewerber:
Berufsausbildung/Studium
Wirtschaftswissenschaften (grundständig), Hochschulabschluss: Diplom (Uni)
Sozialwissenschaften (weiterführend), Hochschulabschluss: Diplom (Uni)
Wirtschaftswissenschaften (weiterführend), Hochschulabschluss: Master (Uni)
Soziologie (weiterführend), Hochschulabschluss: Master (Uni)
Wirtschaft, Verwaltung
Erweiterte Kenntnisse
..."
Der Kläger bewarb sich unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung auf die ausgeschriebene Stelle. Ohne den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu haben, erteilte die Beklagte dem Kläger mit E-Mail vom 30.11.2016 eine Absage. Zur Begründung führte sie aus, dass ein anderer Bewerber den Vorstellungen und fachlichen Anforderungen am besten entsprochen habe (Bl. 43 d. A.). Im Nachgang begründete die Beklagte die Nichtberücksichtigung des Klägers ergänzend damit, dass der Kläger nicht über den geforderten Abschluss (Master oder gleichwertig) verfüge (Bl. 47 f. d. A.).
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit am 10.01.2017 beim Arbeitsgericht Schwerin erhobener Klage einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Altersdiskriminierung in Höhe von mindestens 10.720,11 € geltend gemacht.
Zur Klagebegründung hat er ausgeführt, wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden zu sein. Dazu hat er die Ansicht vertreten, für die ausgeschriebene Stelle geeignet, zumindest aber nicht offensichtlich ungeeignet zu sein. Die Stelle sei ihrer Formulierung nach auch für Bewerber mit dem Universitätsabschluss Bachelor geeignet. Ihm sei ein immaterieller Schaden zu ersetzen, der nicht konkret nachgewiesen werden müsse (BVerwG vom 30.10.2014 - 2 C 6/13; BAG vom 22.01.2009 - 8 AZR 906/07; OVG Saarlouis vom 15.07.2012 - 1 A 355/13).
Die Beklagte hat eine Diskriminierung des Klägers bestritten. Aus der Ausschreibung wie auch aus der in der Ausschreibung genannten Entgeltgruppe 13 habe sich ergeben, dass ein Universitätsabschluss mit Diplom oder ein Masterabschluss gefordert sei. Der Kläger, der nicht über den geforderten, sondern über einen Bachelorabschluss verfüge, sei offensichtlich ungeeignet gewesen. Ein Schadensersatzanspruch sei daher nicht in Betracht gekommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.04.2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger keine ausreichenden Indizien für eine Diskriminierung dargelegt habe. Insbesondere habe der Kläger nicht über den in der Stellenausschreibung geforderten Hochschulabschluss verfügt.
Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts und des Parteivortrags erster Instanz wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil (Bl...