Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsgebühr des beigeordneten Prozessbevollmächtigten bei Abschluss eines Mehrvergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

Ist einer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt, erhält der beigeordnete Prozessvertreter für einen unter Einbeziehung nicht rechtshängiger Gegenstände abgeschlossenen Vergleich keine 1,5-Einigungsgebühr für den Vergleichsmehrwert nach Nr. 1000 VV-RVG, sondern nur eine 1,0-Gebühr nach Nr. 1000 VV-RVG, wenn noch über die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Vergleichsmehrwert zu entscheiden war und das Gericht am Zustandekommen des Vergleiches mitgewirkt hatte.

 

Normenkette

VV-RVG Nr. 1000 ff., Nrn. 1003, 1000, 1003 Abs. 1 S. 1; BGB § 779; ZPO § 278 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 27.09.2016; Aktenzeichen 22 Ca 1477/16)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 27. Sept. 2016 - 22 Ca 1477/16 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Im Kostenfestsetzungsverfahren streiten die Beteiligten über die Höhe der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung.

Der Kläger hat sich, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, mit Klage vom 15. Feb. 2016 gegen eine außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 1. Feb. 2016 gewandt.

Mit Schriftsatz vom 28. März 2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Person beantragt. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er - wie zugesagt - mit Schriftsatz vom 22. März 2016 nachgereicht. Im Kammertermin vom 22. Juni 2016 hat das Arbeitsgericht dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten, des Beschwerdeführers, bewilligt. Nach Abschluss eines verfahrensbeendenden Vergleiches, in dem zusätzlich über die streitgegenständlichen Anträge hinaus die Verpflichtung zur Erteilung eines wohlwollenden, qualifizierten Arbeitszeugnisses mit der Gesamtbeurteilung "gut" und einer "entsprechenden Schlussformel (Dank, Bedauern, gute Wünsche)" aufgenommen und festgestellt worden war, dass die Klagepartei den Urlaub vollständig eingebracht habe und im Übrigen keine wechselseitigen finanziellen Ansprüche mehr bestünden, hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Klagepartei die Prozesskostenhilfe noch im Kammertermin auf den Vergleichsschluss erstreckt.

Mit Beschluss vom selben Tag hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren auf € 6.300.- und für den Vergleich auf € 8.400.- festgesetzt.

Mit Schreiben vom 26. Juli 2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung der zu erstattenden Vergütung in Höhe von € 1.437,52 beantragt, wobei er eine 1,5Einigungsgebühr aus dem Vergleichswert angesetzt hat. Mit Beschluss vom 1. Aug. 2016 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle unter Ansatz einer 1,0-Einigungsgebühr aus dem Vergleichswert die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf € 1.260,81 festgesetzt (Bl. V f. d. Kostenheftes). Zudem war die weitere Vergütung nach § 50 RVG nicht entsprechend des gestellten Antrages festgesetzt worden.

Gegen diesen ihm am 11. Aug. 2016 zugegangenen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 16. Aug. 2016, der am 22. Aug. 2016 beim Arbeitsgericht München eingegangen war, Erinnerung eingelegt; er begehrt die Festsetzung einer Differenz von € 176,71 zwischen der seinerseits angesetzten € 1.437,52 und dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Betrag von € 1.260,81 sowie "die Absetzung der weiteren Vergütung nach § 50 RVG in Höhe von € 270,96" ( Differenz zwischen angesetzten € 2.406,42 und der gerichtlicherseits angesetzten € 2.135,36). Hinsichtlich der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 16. Aug. 2016 (Bl. XIII ff. d. Kostenheftes) Bezug genommen, worin u.a. auf die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte Düsseldorf und Baden-Württemberg hingewiesen wird, die eine 1,5-Einigungsgebühr anerkennen. Die Bezirksrevisorin beim Landesarbeitsgericht München war dieser Beschwerde unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts München entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, dem Klägervertreter stehe nur eine 1,0-Einigungsgebühr zu, da vorliegend nicht lediglich Prozesskostenhilfe für die Protokollierung eines Vergleiches beantragt worden sei. Bei Bejahung einer 1,5-Einigungsgebühr behalte sie sich vor, die (bewilligte) Differenzverfahrens- und Differenzterminsgebühr anzugreifen. Eine Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Vergleichsmehrwert erfasse jeweils nur die Einigungsgebühr.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung "nicht abgeholfen und die Erinnerung zurückgewiesen" (Beschluss vom 13. Sept. 2016, Bl. XXVII d. Kostenheftes). Der Kammervorsitzende des Arbeitsgerichts hat die Erinnerung mit Beschluss vom 27. Sept. 2016 (Bl. XXVIII d. Kostenheftes) zurückgewiesen.

Gegen diesen ihm am 4. Okt. 2016 zugestellten Beschluss wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit seiner am 11. Okt. ...

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