Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Einigungsgebühr bei Prozessvergleich unter Einbeziehung nichtanhängiger Gegenstände bei Beantragung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Werden im Rahmen eines Prozessvergleichs nichtanhängige Gegenstände mitverglichen, entsteht nach dem Wert dieser mitverglichenen nichtanhängigen Gegenstände nur eine 1,0 – Einigungsgebühr, wenn für den streitbeendenden Vertrag Prozesskostenhilfe beantragt bzw. bewilligt wurde.
Normenkette
RVG Anl. 1; VV Nr. 1003 § 2 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Regensburg (Beschluss vom 16.03.2005; Aktenzeichen 9 Ca 4067/04) |
ArbG Regensburg (Beschluss vom 21.01.2005) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des B. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Regensburg vom 16.3.2005 (Az.: 9 Ca 4067/04) aufgehoben.
II. Die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts Regensburg vom 21.1.2005 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Höhe der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung.
Dem Kläger wurde durch Beschluss der Kammervorsitzenden des Arbeitsgerichts vom 12.12.2004 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt. Dieser hatte den ursprünglichen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Schriftsatz vom 26.11.2004 dahin erweitert, dass sich der Antrag auf einen Vergleich erstreckt und für diesen die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts in Höhe von EUR 2.000,– beantragt. Im Beschluss der Kammervorsitzenden des Arbeitsgerichts vom 2.12.2004 ist dem vollinhaltlich entsprochen worden.
Die Parteien haben sodann einen verfahrensbeendenden Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Festsetzung seiner ihm aus der Staatskasse zu gewährenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt EUR 560,74 beantragt.
Durch Beschluss vom 21.1.2005 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf insgesamt EUR 496,36 festgesetzt.
Mit einem am 28.1.2005 bei dem Arbeitsgericht Regensburg eingegangenen Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers dagegen Erinnerung eingelegt, der die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht abgeholfen hat.
Die Kammervorsitzende des Arbeitsgerichts hat durch Beschluss vom 16.3.2005 der Erinnerung stattgegeben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf EUR 560,74 festgesetzt.
Durch einen am 25.4.2005 bei dem Arbeitsgericht Regensburg eingegangenen Schriftsatz hat der B. dagegen Beschwerde eingelegt, der die Kammervorsitzende des Arbeitsgerichts nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt hat.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde des B. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Regensburg vom 16.3.2005 ist gem. § 56 Abs. 2 RVG i. V. m. § 33 Abs. 3 RVG statthaft und gem. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG auch sonst zulässig. Zwar wird der Beschwerdewert von EUR 200,– nicht erreicht. Dies ist jedoch unschädlich, da das Arbeitsgericht die Beschwerde gem. § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG ausdrücklich zugelassen hat. Nachdem es an einer förmlichen Zustellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts fehlt, ist davon auszugehen, dass die Beschwerde auch fristgerecht eingelegt wurde.
2. Die Beschwerde des B. ist auch begründet.
Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht eine Einigungsgebühr mit dem 1,5-fachen Satz aus einem Streitwert von EUR 2.000,– zu Gunsten des Prozessbevollmächtigten des Klägers festgesetzt. Vielmehr hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zutreffend eine 1,0 – Einigungsgebühr aus dem Gesamtstreitwert des Vergleichs festgesetzt.
a) Schon nach der bisherigen Gebührenregelung im § 23 Abs. 1 Satz 1 BRAGO erhielt der Rechtsanwalt für die Mitwirkung bei Abschluss eines Vergleichs 15/10 der vollen Gebühren. Dagegen verblieb es nach § 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO bei der vollen 10/10 Gebühr, soweit über den Gegenstand des Vergleichs ein gerichtliches Verfahren anhängig ist; das Gleiche galt, wenn ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig war.
b) Nach dieser Bestimmung war zwar bisher streitig, ob die 15/10 – Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BRAGO auch dann anfällt, wenn in einem gerichtlichen Vergleich Streitgegenstände geregelt werden, die bis dahin weder Gegenstand einer Klage noch eines Prozesskostenhilfeverfahrens waren. Auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde hier für mitverglichene Streitgegenstände der Anfall einer erhöhten Vergleichsgebühr teils bejaht (vgl. etwa: LAG Niedersachsen JurBüro 1999, 585), teils strikt abgelehnt (vgl. LAG Hessen MDR 1999, 1157). Das Bundesarbeitsgericht hat schließlich angenommen, dass die erhöhte Vergleichsgebühr dann anfällt, wenn der mitverglichene Streitgegenstand noch nicht bei Gericht eingereicht ist (vgl. BAG vom 4.2.2003 – AP Nr. 1 zu § 23 BRAGO).
c) Schon nach der bisherigen Rechtslage betraf dies jedoch ausschließlich den Fall, dass für den mitver...